Donnerstag, 28. März 2019

Venedig des Orients/Fotos

Udaipur

Die Geschichte, wie wir zu Ehrengästen geworden sind: Wir hatten mal wieder das Glück, von einen Freund den Kontakt zu einem Freund zu bekommen. Dieser wohnt in Udaipur, ist der Chef von einem Fahrradclub, hat ein Fitness Studio und ein Fahrrageschäft. Er organisierte von einem seiner Mitarbeiter eine kleine Flat, die wir ganz für uns alleine hatten und in der wir so lange bleiben konnten wie wir wollten. Wir haben uns sehr schnell eingelebt und uns mit unserer Nachbarschaft vertraut gemacht. Um die Wäsche, die ich mit Hand waschen musste, aufzuhängen, haben wir eine Leine quer durch die Wohnung gezogen und überall hingen nun unsere Sachen. Morgens haben wir uns von dem Milchmann einen halben Liter Milch in eine Plastiktüte abfüllen lassen, um uns dann mit Haferflocken und Obst unser Frühstück zu machen. Mittags sind wir dann immer in ein Restaurant gegangen, in dem sie uns schon kannten und uns fröhlich begrüßten. Einer der Jungs wurde dann losgeschickt um eine Flasche Mineralwasser für uns zu kaufen, da sie normalerweise keine dort hatten. Wofür auch, wenn sonst nur Einheimische kommen, die auch das Leitungswasser trinken. Für jeden von uns gab es dann eine Tali (Platte) mit verschiedenem Gemüse, Dahl, Reis und Rotti (Brot). Und von allem wurde uns stetig nachgefüllt, bis wir drei mal “Nein danke“ gesagt haben :D Mit einem “bis zum nächsten Mal“ verabschiedet wir uns jedes Mal, bevor wir das Restaurant wieder verließen. An unserem ersten Abend wurden wir von dem, der uns die Wohnung organisierte, ich nenne ihn mal unseren Gastgeber, und seiner Familie mit dem Auto abgeholt und zum Essen eingeladen. Zurück zur Wohnung wurden wir von einem anderen Freund direkt vor die Tür gefahren. Das wir irgendetwas alleine organisierten ließ unser Gastgeber nicht zu. Da es viele neugierige Fahrradfahrer in dem Fahrradclub gab, organisierte unser Gastgeber, für alle die Lust hatten, ein Treffen, wo wir gemeinsam Tee tranken und Frühstückten. Eigentlich war ursprünglich noch geplant, dass wir vorher gemeinsam eine kleine Runde Fahrrad fahren, aber die Inder sind da zu bequem und wenn man etwas anderes machen kann, wird es gerne als Ausrede genommen. So sind wir morgens früh aufgestanden und mit dem Fahrrad zehn Kilometer zum Treffpunkt gefahren. Dort haben schon drei neugierige Fahrradfahrer auf uns gewartet und uns gleich mit Fragen überschütteten. Wir sind noch etwa einen Kilometer weiter um einen See gerollt und haben dann gemeinsam Tee aus recyclebaren Wegwerf-Ton-Bechern getrunken. Wir wurden noch auf einen Kaffee am Abend eingeladen und dann mussten sie zur Arbeit und wir konnten wieder ins Bett :D Am Abend wurden wir mal wieder von einem Freund abgeholt und zu dem Fahrradladen von unserem Gastgeber gefahren. Dort wartete bereits der aktive Teil des Fahrradclubs auf uns und empfing und mit einem freudigen Händedruck. Wir wussten noch nicht so richtig was wir hier sollten und liefen etwas verloren in dem Geschäft umher, schauten uns Fahrräder an und quatschten mit den Leuten. Dann hieß es “lasst uns anfangen“. Aber mit was? Arne und ich bekamen einen Stuhl und ein Herr positionierte sich vor einer Leinwand. Auf der Leinwand war das Ausschreiben eines 300 km Radrennens plakatiert. Wir waren in einer Urkundenvergabe gelandet. Jetzt wurde Arne auch schon aufgerufen um die nächste Urkunde zu vergeben und die Teilnehmer bedankten sich bei uns, dass wir gekommen sind um ihnen die Urkunde zu übergeben und es ist ihnen eine Ehre sei uns kennen lernen zu dürfen. Ich kam auch nicht um die Vergabe einer Urkunde vorbei und so standen wir beide händeschüttelnd und lächend vor der Kamera. Anschließend gab es dann das Kaffeetrinken, zu welchem sie uns morgens eingeladen hatten. Es war mittlerweile etwa 20 Uhr, als wir in einem richtigen Café Kaffee aus einer Maschine, ohne Zucker, nicht von Nescafé und mit richtigem Milchschaum tranken. Wir beide genossen es richtig den “herben“ Kaffee auf unserer Zunge zergehen zu lassen. Die Inder hingegen mussten erstmal drei Päckchen Zucker einrühren, sodass der Kaffee süß wie Chai wurde. Wir wurden über alle möglichen Dinge ausgefragt und natürlich bekamen wir auch zwei Sandwiches und nicht, wie die anderen alle, nur einen. Ich muss sagen es kann ziemlich anstrengend sein so viel Aufmerksamkeit zu bekommen und immer im Mittelpunkt zu stehen. Für den nächsten Abend wurden wir zum Essen bei der Familie von unserem Gastgeber eingeladen. Die Mutter ist extra schnell aus ihrem Urlaub zurück gekommen, nur um uns zu treffen und für uns zu kochen. Bevor wir zum Dinner gefahren sind und eine riesige Tali gegessen haben, sind wir noch durch die Stadt geschlendert. Udaipur (Hindi: उदयपुर) ist eine Großstadt mit rund 470.000 Einwohnern und zählt zu den meistbesuchten Städten des indischen Subkontinents. Daher spielt auch der Tourismus die wichtigste Rolle für das Leben der Stadtbewohner. Die Stadt ist umschlossen von unter anderem drei künstlich angelegten Seen. Mehrere Seen befinden sich in Innenstadtnähe — die Fremdenverkehrswerbung spricht daher von einem „Venedig des Ostens“. Die gesamte Altstadt (Foto) von Udaipur mit ihren gewundenen und von Geschäften gesäumten Straßen und Gassen und verschachtelten Häusern strahlt trotz vieler Motorrikschas eine faszinierende Atmosphäre aus, die anderen indischen Städten zumeist fehlt. Überall kann man kleine Malereien an Tempeln und Häusern entdecken (Foto) und durch den Tourismus lassen sich auch deutsche Cafés finden (Foto). Der Lake Palace (Foto) wurde in den Jahren 1743–1746 für Maharana Jagat Singh II., den 62. Maharadscha von Mewar, als Sommerresidenz errichtet. Er ist nach Osten ausgerichtet, damit in der Morgendämmerung der hinduistische Sonnengott Surya angebetet werden kann. Der eine Insel bildende Palast gehört, wie die meisten übrigen Paläste, noch heute der ehemaligen Herrscherfamilie und wird als Luxushotel von der Taj-Gruppe betrieben. Weltberühmt wurde er als Kulisse für zahlreiche Filme, darunter Der Tiger von Eschnapur (1959) oder James Bond 007 – Octopussy (1983). Wir schlenderten also so durch die schöne Altstadt und hatten noch Zeit bis zum Dinner. Da wir aber schon alles gesehen hatten und nicht so recht wussten, wie wir unsere Zeit totschlagen können, schlenderten wir weiter. Ich glaube ich sehe nicht richtig! Plötzlich lief uns ein junges Pärchen entgegen, die wir nicht zum ersten mal gesehen hatten. Ich stutzte und überlegte scharf, ich denke Arne wusste sofort wo wir die beiden getroffen hatten, nämlich auf der Überfahrt nach Dubai. Wir haben gemeinsam die lange Wartezeit vor der Überfahrt, die Nacht auf dem Schiff und die lange Wartezeit nach der Überfahrt verbracht. Und so wie es aussieht haben wir die gleiche Route gewählt und sind jetzt alle in Indien am selben Ort. Nach einem gemeinsamen Chai und der Überlegung uns in der nächsten Stadt (Jaipur) erneut zu treffen war es nun für uns an der Zeit zum Dinner zu fahren. Die Mutter und die Frau unseres Gastgebers hatten für uns drei verschiedene Gerichte gekocht, die alle auf der Tali ihren Platz fanden. Die Inder nutzen dafür große Teller aus Edelstahl, die verschieden große Unterteilungen haben, sodass sich das Essen nicht vermischt und sie gut sehen können, wenn etwas alle ist, und sie es wunderbar wieder auffüllen können. Wie zwei Kugeln rollten wir nach dem Dinner wieder in unsere Flat. Jetzt war es für uns an der Zeit weiter zu fahren, bevor wir zu schwer für unsere Räder werden :D.

Flüsse und Seen in Indien

In Indien gibt es nicht in allen Regionen genug Wasser. Es gibt Regionen, da ist das Grundwasser fast völlig ausgeschöpft und für die Wohnhäuser ist die Wassernutzung limitiert. Oder es müssen zusätzlich Wassertanker für die Versorgung eingesetzt werden. Andere Regionen wiederum haben so viel Wasser, dass sie Landwirtschaft im Überfluss betreiben können. Einige der Flüsse trocknen über das Jahr aus und führen erst wieder nach der Regenzeit Wasser. Viele der Seen sind Stauseen und nicht natürlichen Ursprungs um die Wasserversorgung zu regulieren. Die größten Flüsse Indiens, wie der Indus Brahmaputra und der Ganges, entspringen im Himalaya. Je weiter wir uns dem Himalaja im Norden Indiens nähern, desto mehr reichlich gefüllte Flüsse werden wir überqueren. Und das Beste ist, je weiter wir in den Norden fahren, desto “kühler“ wird das Wetter (es sind dann nicht mehr 32 Grad, sondern nur 27 Grad :D).

Dienstag, 12. März 2019

Circuit House

Wir haben über einen Freund den Mann kennen gelernt, der die Circuit Häuser in Indien organisiert. Er organisiert die Zimmer und Unterkünfte für die bei der Regierung angestellten Menschen, wenn sie auf Reisen sind. Ein Circuit Hous ist wie eine Art Hotel von der Regierung für die Menschen, die dort Angestellte sind. Jede Stadt oder jeder Landkreis hat so ein Gebäude, wo die Beamten alleine oder mit ihrer Familie für ein paar Tage unter kommen können. Wir hatten also das Glück in so einem Haus für eine Nacht unter zukommen. Wir bekamen eine “Suit“ mit zwei Zimmern, großem Bad, einer Terrasse mit Blick auf's Wasser, einem Fernseher mit tausenden Kanälen und unsere Fahrräder durften über Nacht in dem Saal stehen, wo sonst Sitzungen der Regierung abgehalten werden. Uns wurde gesagt, dass wir dort auch Abendessen bekommen würden und uns um nichts kümmern müssen. Also nahmen wir ein Bad und warteten hungrig darauf, dass es irgendwann Essen gab. Doch es passierte nichts. Also fragten wir den Organisator, ob hier wirklich gekocht wird und es stellte sich heraus, dass seit dem neuen Jahr nicht mehr gekocht wird. Also gingen wir in die Stadt und aßen leckeres Street Food. Als wir wieder kamen erreichte uns die Nachricht, dass jetzt gleich ein Auto kommen würde und uns der Fahrer zu einem Restaurant fährt und uns das Essen zahlt. Aber wir hatten doch gerade etwas gegessen und waren nicht mehr hungrig.. Also versuchten wir dies mitzuteilen und das Resultat war, dass der Fahrer am Morgen wieder kommen wird und uns ein Frühstück bringt. Schon wieder sind die Menschen viel zu freundlich und hilfsbereit zu uns. Wir werden noch richtig verwöhnt und können uns bald nicht mehr selbst um unser Essen kümmern :D Ich muss aber sagen, mir ist es manchmal zu viel, wenn immer jemand für mich entscheidet, wann, was und wie viel ich zu essen habe. Denn wenn die Inder Gäste haben, dann füllen sie den Teller immer wieder nach und selbst wenn du Nein sagst, geben sie dir doch noch ein kleines bisschen mehr. Erst wenn du gefühlte fünf Mal Nein gesagt hast, füllen sie nicht mehr nach. Gäste werden hier, wie auch schon im Iran, wie Götter behandelt.

Freitag, 8. März 2019

Surat

In Surat sind wir bei einer richtigen indischen Mutti untergekommen. Wir sind sogar zwei Tage länger geblieben, weil sie sich so gut um uns gekümmert hat. Es gab jeden Tag drei volle Mahlzeiten, zwischendurch gab es Obst, Tee und Kekse. Die Inder essen zu ihrem Tee nicht, wie wir Deutschen, süße Kekse, sondern salzige und scharf gewürzte Kekse. Das passt sehr gut zu dem süßen Tee :) Abends gab es noch eine Kurkumamilch gegen Arnes kleine Erkältung. Wir haben gemeinsam mit ihr, ihrem Ehemann und ihrer Tochter auf dem Sofa gesessen und einen Film, die Nachrichten oder ein Cricketspiel angeschaut. Tagsüber waren wir Eis essen, am Strand, beim Sport und wir haben uns indische Kleider angezogen. Arne hat ein paar Badmintonspiele gespielt und hatte drei Tage lang Muskelkater und ich war schwimmen und musste nach zwanzig Minuten aufhören, da ich mich nicht mehr bewegen konnte, weil das Wasser so kalt war. Das Wasser wird nicht wie in einem deutschen Freibad extra geheizt und ich muss sagen ich war noch nie in einem so kalten Schwimmbad :D So haben wir es uns drei Tage lang richtig gut gehen lassen und uns so richtig bemuttern lassen :D Der Nachteil allerdings ist, dass wir die Mutti jetzt nicht mehr los werden und wir jeden Tag gefragt werden, wie es uns geht und ob wir noch leben :D Das wir es ganz alleine und ohne Hilfe mittlerweile rund 10.000 km weit von Deutschland bis nach Indien in rund sieben Monaten geschafft haben können sich die indischen Mutties nicht vorstellen und so wollen sie uns alle unterstützen und organisieren uns Schlafplätze und packen uns ein Lunchpacket :) Uns geht es hier sehr gut in Indien ;)

Sonntag, 3. März 2019

Silvassa

Heute hatten wir aber auch kein Glück. Obwohl der Tag gut begann und heute nur 50 km mit Rückenwind vor uns lagen, war das Glück nicht auf unserer Seite. Schon nach den ersten fünf Kilometern hatten wir einen Platten. Also hieß es runter vom Rad und das Loch finden. Da die Luft komplett aus dem Reifen war, konnten wir das Rad noch nicht einmal in den Schatten schieben, sondern mussten es in der prallen Sonne und direkt am Straßenrand flicken. Flickzeug raus, Mantel ab, Loch lokalisieren, Flicken drauf, Mantel drauf, Luft rein, fertig. Zehn Minuten später rollte das Rad wieder. Doch nicht lange.. Diesmal hatten wir aber Glück und wir hatten den Platten direkt vor einem Stand, der frischen Kokonusssaft direkt aus der Kokosnuss verkaufte. Also Taschen runter, Reifen raus, in den Schatten setzen, Kokonusssaft trinken, Mantel runter, Loch lokalisieren, Loch flicken, Mantel drauf, Luft rein, Rad rein, Taschen drauf, fertig und es rollte wieder. Ein entscheidender Faktor war, dass wir diesmal eine kleine Nadel aus dem Mantel gezogen haben, die uns wohl beim ersten Mal entgangen ist und uns so den ersten und den zweiten Platten beschert hatte. Jetzt mussten wir aber langsam mal Gas geben, wenn wir noch im Hellen in Silvassa ankommen wollten. Und siehe da, auf der Zielgeraden und nur acht Kilometer von unserer Gastgeberin entfernt, der dritte Platten. So viel Pech kann man doch gar nicht haben. Auf der ganzen Tour hatten wir insgesamt 12 Platten und drei davon nun an einem einzigen Tag. Als wir dann endlich doch noch in Silvassa bei unserer Gastgeberin angekommen sind, hat sie uns als erstes einen Tee gekocht. Tee bekommt man echt immer und überall, das ist schlimmer als mit dem Kaffee in Deutschland :D Anschließend sind wir das erste Mal mit einer der kleinen dreirädrigen Auto-Rikschas gefahren. Besonders lustig war es für Arne :D Am nahe gelegenen Fluss konnten wir die Menschen beobachten, die in dem Fluss badeten und gleichzeitig ihre Wäsche wuschen (siehe Foto). Überall kann man hier in Indien die Frauen an den Flüssen ihre Wäsche waschen sehen und die Männer sieht man oft an einem Wasserbecken neben der Straße in Unterhose stehen und sich und ihre Klamotten waschen. Ich frage mich, ob sie dann wieder die nasse Wäsche anziehen? Denn es sind oft Truckfahrer, die nur ein Outfit dabei haben und meist nicht die Zeit haben um zu warten bis die Sachen trocken sind. Aber ich habe die Lösung noch nicht gefunden. Unsere Sachen wasche ich auch oft mit der Hand und dann sehe ich was für ein Dreck da raus kommt. Wahnsinn! Der ganze Staub, Dunst und Smog macht uns in einem Tag so dreckig, wie eine Woche Europa ohne Dusche :D Wenn die Sonne unter geht verschwindet sie nicht hinterm Horizont, sondern sie verschwindet in diesem dreckigen Smog über dem Horizont, wie hinter einem Nebelschleier (siehe Foto). In Silvassa haben wir unsere erste Kirche in Indien gesehen (siehe Foto). Die Kirche stammt noch von den Portugiesen aus der Zeit um 1886 und ist heute noch eine katholische Kirche. Ansonst sieht man hier meistens nur überall Tempel in allen Größen und an allen Ecken. Direkt neben der Kirche steht ein für die Inder heiliger Baum (siehe Foto), der Banyan-Baum. Diese Bäume wachsen auch oft an der Straße und hängen mit ihren “Luftwurzeln“ bis tief über die Straße. Diese Bäume sehen sehr beeindruckend aus und sind meist sehr, sehr dick. Wir haben in Silvassa auch das erste Mal Street Food gegessen (siehe Foto) und bis jetzt muss ich sagen, bin ich überaus begeistert von Indiens Street Food Ständen. Später haben wir noch öfter Street Food gegessen und bis jetzt haben wir davon noch keine Magenprobleme bekommen :D Es ist genial wie viele neue Sachen wir ausprobieren können und das indische Frühstück ist besonders lecker, in Silvassa haben wir kleine Frühstückssnacks probiert, die meist mit einem Koriander Chutney serviert werden (siehe Foto). Ich werde in den nächsten Tagen versuchen mal ein paar Fotos von den ganzen leckeren Snacks für Euch zu machen ;)

Samstag, 2. März 2019

Zelten in Indien

Mittlerweile sind wir nicht mehr im Speckgürtel von Mumbai unterwegs und so lässt sich auch hin und wieder ein Platz zum Zelten finden. Wenn wir nicht gerade von der Straße eingesammelt werden oder einen Gastgeber über Warmshowers oder Couchsurfing oder einen Freund von einem Freund von einem Freund haben, bei dem wir übernachten, schlafen wir gerne auch mal in unseren eigenen vier Wänden, dem Zelt. Nudeln mit Tomatensauce im Supermarkt zu finden ist hier unmöglich. Erstens gibt es keine richtigen Supermärkte, zweitens essen die Inder keine Pasta und drittens machen die Inder alles selber und frisch und somit brauchen sie keine Tomaten in der Dose. Wir bestellen uns daher gegen Abend immer ein Reisgericht und lassen es uns einpacken, sodass wir es dann im Zelt essen können. Die Reisgerichte hier sind immer sehr lecker! Es gibt scharfe Reisgerichte, süße mit Rosinen, welche mit Gemüse, welche mit Nüssen und vieles mehr. Langweilig wird es nie. Jetzt kommt der spannendsten Teil des Tages: ein ruhiges Plätzchen für die Nacht finden. Bis jetzt haben wir vier mal gezeltet und nur ein Mal davon haben wir es geschafft nicht gestört zu werden. Jedes mal hatten wir einen traumhaften Platz und jedes mal wirkte er auf den ersten Blick sehr ruhig. Doch sobald die Sonne unter ging, kamen die Überraschung. Das erste mal stand plötzlich der Bauer vor uns und meinte, dass dies seine Felder sind. Wir fragten ihn also, ob wir hier für eine Nacht bleiben können und er war einverstanden. Also war alles geklärt, wir wünschten ihm einen guten Abend und verabschiedeten uns. Doch der Bauer wollte noch ein bisschen schauen und stand nun mit seinem Motorrad vor uns und schaute uns an. Klar, wie konnten wir nur die Selfies vergessen. Klick, klick, klick noch ein paar Selfies und dann fuhr er auch weg. Keine fünf Minuten später stand das nächste Motorrad vor uns und die nächsten schauten uns beim Zeltaufbauen zu. Und wieder klick, klick, klick ein paar Selfies. Wir wollten nur noch so schnell wie möglich ins Zelt um unsere Ruhe zu haben. Doch das klappt nicht immer. Die Menschen hier in Indien laufen überall lang und kommen aus allen Richtungen wenn der Arbeitstag vorbei ist und wo die Menschen lang gehen können, können auch die Motorräder lang fahren. Also können sie auch da lang fahren, wo wir zelten. Der Unterschied zwischen einem gehenden Menschen und einem fahrenden Motorrad ist, dass es Lärm macht und hell leuchtet wenn es dunkel ist. Einmal lagen wir schon einige Zeit im Zelt und waren schon fast eingeschlummert, da hörten wir plötzlich Motorengeräusche. Kurz darauf leuchteten die Lampen in unser Zelt und eine keine Menschentraube hatte sich vor unserem Zelt versammelt. Jetzt mussten wir wohl irgendetwas machen und ich öffnete das Zelt. Alle leuchteten gespannt mit irgendwelchen Taschenlampen und Handys auf das sich öffnende Zelt und ich wurde so sehr geblendet, dass ich kaum etwas erkennen konnte. Ich versuchte den Menschen zu erklären, dass wir hier gerne für eine Nacht schlafen würden und dass wir nichts weiter bräuchten. Doch bevor sie uns in Ruhe ließen, luden sie uns noch zu sich ein und ließen so schnell auch nicht locker. Für sie war es unverständlich, warum wir freiwillig draußen im wilden übernachten wollen. Wie überall wird uns auch hier erzählt, dass es doch viel zu gefährlich ist. Die Motorengeräusche entfernen sich und wir konnten endlich durchatmen und uns wieder unserer Nachtruhe widmen. “Bitte nicht schon wieder!“ dachte ich, als ich erneut ein Motorengeräusch hörte. Diesmal war es an Arne vorne an die Zeltöffnung zu gehen und sich blendend zu lassen. Die zwei Herren boten uns ein Zimmer und Essen an und alles umsonst, nur damit wir nicht hier draußen schlafen müssen. Es tat uns schon fast Leid, diese ganzen lieb gemeinten Einladungen ausschlagen zu müssen, doch dass wir nicht einfach mal so im Dunkeln unsere Zelte abbrechen können, nur um 500 Meter weiter zu fahren verstanden sie nicht (und ausserdem wollten wir doch einfach nur unsere RUHE haben). Bis auf ein nächtlicher Schäfer, der seine Tiere mit wiederholendem Rufen an unserem Zelt vorbei trieb, hatten wir dann endlich auch eine ruhige Nacht. Wenn es nach Sonnenaufgang an das Einpacken des Zeltes geht, stehen immer schon die ersten Zuschauer bereit, die jede unserer verschlafenen Bewegungen gespannt verfolgen. Dafür haben wir dann aber auch ein Verabschiedungskomitee, welches uns bei unserer “Abreise“ einen schönen Tag wünscht und uns eifrig zuwinkt. Hin und wieder müssen wir noch die Hände schütteln und ein klick, klick, klick, Selfie schießen und dann kann es aber auch wirklich los gehen (zumindest bis uns der nächste um ein klick, klick, klick bittet).

Freitag, 1. März 2019

Mangofarm

Von Mumbai nach Surat haben wir den Highway genommen. Alle zehn Kilometer kam ein Restaurant mit der Überschrift “Hotel“. Dort konnten wir also unser Mittag essen und für die Nacht brauchten wir uns auch keine Sorgen zu machen. Zelten war in dieser Gegend für uns keine Option, da immer und überall Menschen auftauchten und wir keine Ruhe gehabt hätten. Als es dann langsam Abend wurde fuhren wir an das nächste “Hotel“ ran und fragten nach einem Raum. Die Antwort erstaunte uns, denn nach unserem Verständnis hat ein Hotel auch ein Zimmer zum Übernachten, doch hier gab es keines. Da am Highway alles voll mit “Hotels“ war ließen wir den Kopf nicht hängen, sondern fuhren einfach zum nächsten. Wieder gab es kein Zimmer. Jetzt wurde es langsam knapp für uns, da die Sonne schon tief am Himmel stand (Wir fanden einige Tage später heraus, dass die Inder zu einem Restaurant “Hotel“ sagen, also wäre eine weitere Suche vergebens gewesen). Wir fuhren dennoch weiter, in der Hoffnung, dass das nächste “Hotel“ auch wirklich ein Hotel ist. Wir fuhren mit hängenden Köpfen an der Straße und sind fast in das Auto, was vor uns anhielt, hineingefahren. Ein Mann mittleren Alters stieg aus und schüttelte Arne die Hand. Da ich etwas weiter hinten stand, bekam ich nicht wirklich mit, was die beiden besprachen. Plötzlich hieß es Satteltaschen ins Auto und Fahrräder auf die Pritsche. So ging es dann ruck zuck 30 km auf's Land. Herr Raul ist selbst ein Reisender, nur dass er mit seinem Jeep reist und nicht mit dem Fahrrad. Er ist über den Landweg von Indien bis nach Spanien gefahren und hat uns mit Freuden seine Fotos gezeigt und seine Erfahrungen mitgeteilt. Sein Hobby ist eine Mangofarm auf dem Land. Und dort ging es auch für uns hin. Vorher schauten wir noch bei seinen Freunden vorbei, die ein aus Lehm gebautes Haus, ein paar Tiere und etwas Land hatten. Die Familie zählte zu einem traditionellen indischen Volksstamm (Tribes) und dem entsprechend lebten sie auch sehr einfach. Sie empfingen uns sehr herzlich und da gerade Wochenende war, waren alle drei Kinder, die mittlerweile in der Stadt leben, bei ihren Eltern zu Besuch. Sie zeigten uns ihr Haus von Innen und gaben uns ein Glas mit Dattelpalmensaft. Das Haus war sehr sauber und ordentlich und in dem Wohnzimmer/Hauptraum waren zwei eingebaute Reis/Korn Speicher und in der Ecke stand ein Röhrenfernseher. Der Dattelpalmensaft war bereits zum Alkohol umgekippt und draußen saßen auch schon die ersten Gäste aus dem Dorf um das Feuer und tranken den Alkohol. Die Familie “melkt“ regelmäßig zwei mal am Tag die Dattelpalmen und dazu klettert der Mann jedes mal den Stamm der Palme hinauf. Ehrlich gesagt war der Saft etwas eigen und der Mann lud uns ein am nächsten Tag noch mal vorbei zu kommen, um den frischen Saft am Morgen zu probieren. Denn sobald die Sonne scheint beginnt der Saft durch die Hitze zu fermentieren und die natürliche Süße geht verloren. Unser nächster Stopp war die Mangofarm. In der Mitte der Farm stand ein dreistöckiger Turm. Daraus will Raul ein Gästehaus bauen. Doch bisher ist es eher wie ein Aussichtsturm. Wir saßen oben und haben den Ausblick genossen und wer noch nie eine in Blüte stehende Mangofarm von oben gesehen hat, kann dies unten auf einem der Fotos nachholen (ist nicht so spektakulär :D). Unter dem Turm leben zwei Kühe, die Raul hielt um den Mist zum Düngen seiner Bäume zu verwenden. Ja, die Farm ist 100% biologisch. Wir hatten ein Zimmer mit Bad für uns alleine, wir wurden zum Essen eingeladen und morgens wurden wir mit Tee und Frühstück geweckt. Zum Abschied verschenkten wir an die ganzen Kinder im Dorf noch Bonbons. Noch mal ein großes Dankeschön an Raul aus Mumbai!