Samstag, 10. August 2019

Thailand trägt Gelb

“Ist dir auch aufgefallen, dass alle Thailänder gelbe Oderteile tragen?“ Hat Arne, der eigentlich nicht so auf die Mode achtet, mich eines Tages gefragt. Stimmt, es tragen tatsächlich auffallend viele Menschen hier in Bangkok gelb. So richtig gut und modisch sieht es allerdings nicht aus. Aber vielleicht haben die Thailänder ja auch ein anderes Modebewusstsein. “Vielleicht ist es auch die Farbe des Königs oder so“, überlegte sich Arne. Irgendeinen Grund muss es doch dafür geben. Es war wirklich schon sehr auffallend. Wir haben dann einfach mal recherchiert und tatsächlich hatte es mit dem König zu tun. In Thailand hat jeder Wochentag nicht nur eine eigene Farbe, sondern auch eine eigene Gottheit, einen eigenen Planeten und ein eigenes Element. Der Ursprung dieser Einteilung findet sich in der hinduistischen Mythologie. In dem mehrheitlich buddhistischen Thailand werden den einzelnen Wochentagen zusätzlich zu den Farben Buddhastatuen mit bestimmten Handhaltungen zugeordnet. Das Tragen der Tagesfarbe soll dir in Thailand übrigens Glück bringen! Einer der vorherigen Könige wurde an einem Montag geboren und die Farbe des Montags ist gelb, so ist gelb traditionell zu der Farbe der Monarchie geworden. So einfach ist das. Die große Bedeutung des Königs zeigt sich nicht nur an einem Montag, wenn die Menschen gelb tragen, sondern das ganze Jahr über in vielen Dingen in dieser Farbe. So sind unter anderem sehr viele gelbe Flaggen des Königshauses und sogar Arbeitsuniformen in Gelb zu finden. Nun aber dazu, warum jetzt alle auf einmal jeden Tag gelb trugen: Zu Ehren des vor kurzem noch ungekrönten Königs wurden 70 Millionen Menschen in Thailand aufgerufen, sich bis zu dem Geburtstag des Königs am 28. Juli in Gelb zu kleiden. Ob Hemd, Hose oder Bluse - Hauptsache Gelb. Grund dafür war die bevorstehende Krönungszeremonie des Königs Maha Vajiralongkorn Bodindradebayavarangkun vom 4. bis 6. Mai, denn nach dem Tod des greisen Monarchen Bhumibol Adulyadej hatten die Bewohner Thailands über viele Monate schwarze Kleidung getragen. Nun wurden die rund 70 Millionen Bürger des südostasiatischen Landes wieder dazu angehalten, mit der Farbe ihrer Kleidung Loyalität mit dem Königshaus zu demonstrieren. Damit möglichst viele Leute mitmachte, arbeitete die Regierung auch mit Supermärkten zusammen. Wir konnten die Bemühungen der Leute sehen, doch tatsächlich auch nur bis zu dem Geburtstag am 28. Juli, der mit einem langen Wochenende gefeiert wurde.

Freitag, 9. August 2019

Bangkok wir kommen!

Ein letzter Grenzübergang und wir haben nach einem Jahr und 17 Ländern unser Zielland erreicht. Vor etwa zwei/drei Jahren haben wir die Idee bekommen mit dem Rad in die große weite Welt zu fahren. Wo es hin gehen sollte war uns anfänglich erstmal noch egal. Hauptsache Fahrrad fahren. Wir haben unseren Freunden und Familien von unserer Idee berichtet und in erstaunte und unglaubwürdige Gesichter geschaut. Nach und nach haben wir uns für ein Ziel entschieden, damit man erstmal eine Richtung hatte, in die man fahren konnte. Es war Thailand (Bangkok) wofür wir uns entschieden. Ob es dann auch wirklich so kommen wird war uns eigentlich egal. Wir waren offen für alles. Doch da wir beide, wenn wir uns ein Ziel in den Kopf gesetzt haben, es auch erreichen wollen, sind wir nicht von unserem ursprünglichen Plan abgekommen. Und hier sind wir nun, auf dem Weg nach Bangkok. Die Grenze war eher unspektakulär. Nach so vielen Grenzübergängen kommt langsam die Routine und so hat es vielleicht gerade mal 20 Minuten gebraucht bis alles ausgefüllt, geprüft, kontrolliert und gestempelt war. Wir sind in Thailand. Und haben nur noch ein paar hundert Kilometer vor uns bis nach Bangkok. Diese letzten Kilometer waren allerdings sehr eintönig. Guter Highway, regelmäßig Tankstellen, Supermärkte und Cafés. Da sich seit einiger Zeit unsere Mägen nicht mehr beruhigen wollten, sind wir auf Sandwich und Shake umgestiegen. Unsere besten Freunde waren “7 eleven“ (Supermarktkette) und “Amazon“ (Café-Kette). Beim 7 eleven gibt es Sandwiche aus der Tüte, die frisch getoastet werden und bei Amazon gibt es Kaffee und Shakes in unterschiedlichsten Ausführungen. Von der thailändischen Küche haben wir nicht viel mitbekommen. Dafür kennen wir jetzt das Sortiment von 7 eleven und Amazon auswendig. In Thailand gibt es viele Supermarktketten, Fastfoodketten und Caféketten. Die Thailänder lieben Shakes mit besonders viel Eiswürfeln und dank Hilfe ausgetüftelter Tragesysteme und Kühlbechern können sie auch problemlos immer und überall transportiert und mitgenommen werden. Wir trauen uns allerdings nicht an jeden Shake ran, da wir nicht immer wissen, ob die Eiswürfel aus Mineralwasser gemacht wurden. Woran wir uns mittlerweile aber trauen sind Wasserauffüllstationen. Diese stehen überall herum und wie in einen Kaugummiautomaten muss man kleine Münzen hinein werfen und dann kommt dem entsprechend Wasser heraus. Einfach genial und es senkt unsere Wasserkosten enorm, denn mit am meisten Geld haben wir auf unserer Reise für Wasser ausgegeben. Wenn man täglich pro Person drei bis vier Leiter Wasser trinkt kommt da einiges zusammen. Zu ganz heißen Zeiten haben wir bis zu zehn Leiter Wasser verdrückt. Doch auch wenn der Weg bis nach Bangkok sehr eintönig war, gab es doch jeden Tag etwas besonderes. An einem Tag sind wir die letzten Berge (für's erste) gefahren, an einem anderen Tag wussten wir, dass es nur noch eine Woche ist, in der wir Fahrrad fahren und dann war da die 100 km Marke und dann der letzte Tag. Doch nur bis wir in Bangkok sind und uns erstmal zwei Wochen in eine Wohnung einnisten werden. Kein tägliches Fahrrad fahren mehr, kein ständiger Auspuffgeruch und keine rauschende Geräuschkulisse. Können wir das überhaupt noch?

Donnerstag, 8. August 2019

Die Regenzeit

Nach dem wir in Indien schon nicht viel von der Regenzeit mitbekommen haben, bzw. auf dem Fahrrad nur sehr sehr wenige Male nass geworden sind, hofften wir auf Myanmar. Doch auch in Myanmar schien uns die Regenzeit zu enttäuschen. Es machte zumindest vorerst den Eindruck. Die Luftfeuchtigkeit war zwar etwas höher, doch die ersten Tage haben wir nicht einen Tropfen abbekommen. Wir waren schon etwas traurig, da wir uns auf neue Herausforderungen gefreut hatten. Wobei man ja auch dankbar sein muss, wenn man so viel Glück mit dem Wetter hat. Und das hatten wir definitiv in dem letzten Jahr. Also radelten wir so vor uns hin und durchquerten Myanmar um nach Thailand zu kommen. Vielleicht finden wir ja in Thailand die Regenzeit (haben wir nicht, kann ich Euch jetzt schon verraten). Dafür aber wachten wir eines morgens auf, fuhren wie gewöhnlich nach dem Frühstück los und dachten wir sehen nicht richtig. Die Gegend war feucht, überflutet und grün. Am Himmel hingen dicke Wolken und die Sonne wollte sich nicht blicken lassen. Es war als würde jemand mit einem Pfeil in die dicken Wolken schießen und sie zum platzen bringen. Wir hatten kaum Zeit unsere Regenjacken über zu ziehen und da waren wir auch schon klitschnass. Das mit der Jacke hatte sich ja richtig gelohnt. Wir haben es noch ein zwei mal versucht und es dann aufgegeben die Jacken über zu ziehen. Kalt war es eh nicht und nach kurzer Zeit waren wir sowieso komplett durchnässt und wir konnten die Jacken auswringen. Trocken wurden die Jacken auch nicht mehr, da es jetzt jeden Tag regnete. Kübelweise. Juhu, wir haben es in die Regenzeit geschafft. Ich muss aber sagen, so gut hat es mir nicht gefallen. Ständig Waschfrauenhände und Füße. Der Dreck, der von den vorbeifahrenden Autos hochspritzte, rieb in den Augen. Unser Werkzeug rostete. Die Sachen fingen an zu stinken, da sie ständig feucht waren und es keine Ecke gab, die nicht völlig von Feuchtigkeit geschwängert war. Und ich konnte nicht mehr in dem Windschatten von Arne fahren, da mir sonst der ganze Dreck ins Gesicht gespritzt hätte. Am aller schlimmsten war aber der Geschmack von dem Schweiß, der mit dem Regen aus dem Helm gewaschen wurde, über das dreckige Gesicht lief und dann in die Mundwinkel floss und von dort aus in den Mund. Vor allem, wenn kurz vorher noch die Sonne geschienen hatte und wir schwitzten und uns Sonnencreme ins Gesicht schmierten. Dann hat das Wasser, was einmal vom Helm, mit dem Schweiß von einem Jahr, über das Gesicht in die Mundwinkel geflossen ist, am “besten“ geschmeckt. Wir haben uns den Spaß am Fahrrad fahren aber nicht nehmen lassen, es war auch gar nicht mal so schlecht, und sind tapfer tagelang durch den Regen geradelt. Bis wir an die Grenze zu Thailand gekommen sind. Da hat es dann schlagartig aufgehört zu regnen. Wir waren wieder im Trockenen. Wobei es meist gegen Abend immer einmal kurz geregnet. Ich greife jetzt zwar ein bisschen vor, aber wir sind seit zwei Wochen in Bangkok und hier regnet es fast jeden Tag ein bisschen am Abend. Aber lange nicht so dolle wie damals in Myanmar. In Bangkok erreicht der Monsum aber auch erst etwas später im Jahr seinen Höhepunkt. Als Fazit unserer Reise können wir festhalten, dass wir ein Jahr Sonnenschein hatten und insgesamt vielleicht einen Monat Regenwetter. Das macht uns so schnell keiner nach ;)

Auto gegen Fahrrad, wer gewinnt?

So kurz vor Schluss! Wir sind 16.000 km gefahren und sind mit nur einem kleinen Unfall und 16 Platten davon gekommen. Und jetzt hatten wir nur noch 1000 km vor uns und da musste es passieren. Wir hatten absolut keine Schuld daran und hätten es auch nicht verhindern können. Wir lagen nämlich oben in unserem Hotelzimmer und haben geschlafen. Die Räder hatten wir unten in der hoteleigenen Garage abgestellt und extra noch zur Sicherheit den Manager gefragt, ob die Räder hier sicher sind. Ja sind sie, versicherte er uns. Morgens haben wir ganz normal nach dem Frühstück unsere Taschen gepackt und sie zu den Rädern getragen. Arne ist zum Auschecken gegangen und ich habe schon mal die Räder bereitgestellt. Beziehungsweise wollte ich wie immer die Räder bereitstellen und mit dem Beladen beginnen. Doch heute wollte sich mein Hinterrad nicht mehr drehen. Vielleicht hat sich die Bremse festgezogen, oder es ist etwas dazwischen gekommen oder es schleift etwas? Und tatsächlich das Schutzblech schleifte. Ich atmete aus und war froh, das es “nur“ das Schutzblech war. Ich hob das Fahrrad aus der Ecke, wo es stand und wollte dann in Ruhe das Schutzblech richten. Doch warte mal, wie konnte sich denn das Schutzblech überhaupt verbiegen? Das war doch gestern noch nicht. Dass musste ich erstmal Arne meinem Fachmann für Versicherungen und Finanzen sagen, bevor ich hier irgendetwas anfasse. Gemeinsam schauten wir uns den Schaden an. Mein Herz schlug immer höher und drohte fast ganz aufzuhören zu schlagen. Ich konnte nicht glauben was ich da sah. Der ganze Reifen, samt Speiche war verbogen. Es fühlte sich an, als wurde mir meine Existenz genommen. Wie soll ich denn jetzt ohne mein Rad weiter kommen. Arne hatte in der Zwischenzeit eins und eins zusammen gezählt und war zu dem Schluss gekommen, dass eventuell das Auto, welches mit seiner Spitze direkt vor unseren Rädern stand, gegen mein Hinterrad gefahren ist. Er fragte nun den Hotelmanager, wem denn dieses Auto gehört, doch dieser wollte nicht so recht mit der Sprache heraus rücken. Kurz darauf kamen noch zwei Männer hinzu. Vielleicht der Besitzer des Autos, dachten wir und versuchten irgendetwas aus den Männern heraus zu bekommen. Doch alles was sie sagen konnten war “we fix it“ (wir reparieren es) und da drückten und drehten sie auch schon an meinem 1.000 Euro Hinterrad unvorsichtig herum. “No“ war alles was wir noch sagen konnten, bevor einer von ihnen sich auf das Rad setzten wollte, um zum Fahrradschrauber zu fahren. Ich konnte es ihnen ja nicht übel nehmen, denn mit ihren eigenen Drahteseln machten sie es ja genauso und es funktioniert scheinbar auch. Aber nicht mit meinem Rad. Ich versuchte ihnen zu erklären, dass sie damit verdammt vorsichtig sein müssen und da war mein Rad auch schon auf der Pritsche eines Taxis und wir fuhren zum Fahrradschrauber. Dort versuchten sie erstmal den richtigen Mann zu finden und erklärten mir immer “Spezialist, Spezialist“, doch ich war noch nicht so ganz zuversichtlich. Endlich stand dann der scheinbar richtige Mann vor uns und wollte sich mit einer riesigen Zange ans Werk machen. Er war wie der Schmied im Mittelalter, der mit der Zange die Zähne zog. Doch irgendwie habe ich es ihm erklärt bekommen, dass er die Speiche austauschen muss und die anderen neu einstellen muss, sodass das Rad sich wieder drehen kann. Er legte seine Zange weg und drehte mit geschickten Händen “Pi mal Daumen“ die Speichen wieder zurecht. Danach konnte ich wenigstens wieder im Sattel sitzen und vorsichtig fahren. Die Männer vom Hotel waren äußerst zufrieden, zahlten für uns und die Sache war für sie gelaufen. Doch nicht für uns. Ich mein ich muss das Rad schließlich ja noch mal professionell ausrichten lassen und das wird mich mit Sicherheit noch mal einiges kosten. Also bat ich den Manager darum, dass er den Besitzer bittet, sich an den Kosten zu beteiligen. Doch es geschah nichts. Ich wurde langsam etwas sauer, da sie offensichtlich auch schon vorher wussten, dass das Auto gegen mein Rad gefahren war und uns aber nichts gesagt haben und dann auch noch versucht haben das Problem aus dem Weg zu schieben, indem sie das Rad einigermaßen richten ließen. Doch nicht mit mir. Ich sagte dem Manager erneut, dass er doch bitte dem Besitzer sagen möge, dass ich möchte, dass er sich an den Kosten beteiligt. Da stellte sich heraus, dass der Manager keine ausreichenden Englischkenntnisse hatte, um mein Anliegen überhaupt zu verstehen. Mit Hilfe eines Übersetzers (ein anderer Hotelgast) konnten wir es dann endlich klären. Und so stand dann fünf Minuten später noch ein anderer Mann vor uns. Es war der erste, der sich entschuldigte und das Problem nicht einfach ungeschehen machen wollte. Er war der Besitzer des Autos und er erzählte uns, dass er gestern Nacht um zwei Uhr eingetroffen ist und dass er um vier Uhr erneut geweckt wurde, um sein Auto umzuparken. Und da ist er im Halbschlaf gegen mein Rad gefahren und es hörte sich nicht so an, als ob er es nicht gewusst hätte. Dumm gelaufen. Doch es war nun mal passiert und er war auch sofort hilfsbereit und wollte wissen wie er uns entgegen kommen konnte. Wir nannten ihm die Kosten, die noch auf uns zu kommen werden und außerdem würden noch die Kosten einer weiteren Nacht in diesem Hotel hinzukommen, da es nun durch die Verzögerung für uns zu spät geworden ist, um noch los zu fahren. Wir mussten nämlich heute 100km fahren, um das nächste Hotel zu erreichen. Der Besitzer musste erstmal tief durchatmen und entschuldigte sich dann für fünf Minuten. Nach Zigarettenrauch riechend kam er dann wieder und teilte uns mit, dass er sich selbstverständlich an den anstehenden Reparaturkosten beteiligen würde und zahlte uns 50.000 Kyat. Für das Hotelzimmer kann er allerdings nicht zahlen, da er nicht genügend Geld bei sich hatte und ja noch weiter müsse. Warum er nicht einfach etwas abheben konnte verstanden wir zwar nicht, waren aber einverstanden. Für die zweite Hotelnacht kamen wir also selber auf und dieses Mal roch das Zimmer auch nicht so komisch und es war vollständig ausgestattet. “ich wusste doch, dass sie uns gestern ihr schlechtestes Zimmer gegeben haben“ sagte Arne zu mir. Und das nur weil wir durch irgendeinen Rabatt im Internet weniger gezahlt hatten. Durch Zufall hat Arne noch einmal den Besitzer des Autos auf dem Flur getroffen und ihm eine gute Fahrt gewünscht. Drei Sekunden später klopfte es an unserer Tür und der Autobesitzer sagte uns, er würde doch für das Hotelzimmer zahlen. Dann ist ja alles geklärt. Dachten wir, doch am nächsten Morgen, als Arne auschecken wollte, sollte er noch einmal für das Zimmer zahlen. Okay, vielleicht wusste die nette Dame nicht, dass der Autobesitzer gestern bereits für uns gezahlt hatte, doch der Hotelmanager wusste es mit Sicherheit und der versuchte ebenfalls die Dame darin zu unterstützen, bzw. hinderte sie nicht daran, dass sie Arne ein zweites mal das Geld für das Zimmer abknüpfen wollte. Nicht mit uns. Arne brauchte sich nur neben den Manager zu stellen und ihm zu fragen was dass sollte und da sagte er sofort: “okay, okay, you can go, es ist bezahlt“. Kopfschüttelnd sind wir, so schnell uns die Räder tragen konnten, davon gefahren. In diesem Hotel wurde nicht nur mein Rad angefahren, sondern wir wurden auch das erste Mal so richtig dreist beschiessen. Zumindest haben sie es versucht. Ansonsten waren unsere Hotelerfahrungen in Myanmar besser. Zwar war es meinst viel zu teuer oder sie boten uns zuerst nur dass teuerste Zimmer an und verschwiegen uns die günstigeren Varianten, aber auch an diesen Herausforderungen sind wir gewachsen und wussten damit umzugehen.

Kühe angeln

Richtig gelesen, Kühe angeln. Dass geht in Myanmar, zumindest sieht es so aus, als ob die Kühe an einer Angel hängen. Damit die Kühe nicht weglaufen und an ihren Weideplätzen bleiben, binden die Burmesen ihre Kühe an eine dünne Schnur, die wiederum oben an der Spitze einer langen Holzrute festgebunden ist. Die Holzrute ist unten am dicken Ende mit einem Stein beschwert und liegt auf einem Pfahl auf (etwa wie eine Wippe). Und so sieht es aus, als ob die Kühe an einer Angel hängen, die auf einer Angel-Ruten-Halterung steht. Durch den Spielraum der Holzrutenspitze, die sich ja nach oben und unten bewegen kann (wie eine Wippe), hat die Kuh einen gewissen Spielraum, um sich zu bewegen. Vielleicht ist es ja auf dem Foto ein bisschen besser zu erkennen.

Mittwoch, 7. August 2019

Buddhismus in Myanmar

Ein Thema, um welches man in Myanmar auf keinen Fall herum kommt, ist der Buddhismus. Wie ich in einem der vorangegangenen Artikel schon beschrieben habe gibt es zahlreiche Pagoden, Klöster und Buddhastatuen. So gibt es auch viele buddhistische Schulen, die meist den Klöstern angegliedert sind und zahlreiche Kinder und junge Menschen beherbergen. Diese besuchen aus unterschiedlichsten Gründen die Schulen bzw. Klöster. Oft ist die Schulbildung und/oder die finanzielle Lage der Eltern, die sich nicht ausreichend um den Lebensunterhalt und die Bildung kümmern können. In Myanmar gibt es vor allem in den ländlichen Regionen kaum richtige Schulen, sodass die Klosterschulen die einzige Alternative darstellen. An von Stiftungen gegründeten Klosterschulen können die Kinder mitunter auch Schulabschlüsse machen und die Bildung ist zudem noch kostenlos. Später können sie mit dem Abschluss sogar an einigen Universitäten in Myanmar studieren. Die im Kloster lebenden Menschen werden Novizen genannt. Ihnen wird das Kopfhaar rasiert und auch das restliche Körperhaar entfernt, aus Gründen der absoluten Reinheit. Sie müssen 227 Ordensregeln befolgen und widmen ihren Alltag vor allem der Meditation und dem Studieren heiliger Schriften. Außerdem gehört zum täglichen Ablauf, das Waschen des eigenen Körpers und des Gewandes. Sie ziehen jeden Morgen, nur mit ihrer Almosenschale (meistens schwarz) bewaffnet, durch die Straßen und sammeln Spenden in Form von Reis und anderem Essen ein. Wir haben sie oft in einer Reihe hintereinander an der Straße von Haus zu Haus entlang laufen sehen. Meist ist noch ein erwachsener Mönch dabei, da die Kinder oft noch sehr jung sind. Viele der jungen Mönche, die in eine Klostergemeinschaft eintreten, bleiben nur wenige Wochen, denn wer sich ordinieren lassen möchte, muss mindestens 20 Jahre alt sein und über längere Zeit im Kloster dem Buddha nach allen Regeln dienen und dass ist nicht gerade einfach für so junge Menschen. Die Regeln für die Mönche in Myanmar sind sehr streng: Sie dürfen über keinerlei weltlichen Besitz verfügen, ausgenommen Roben, einer Almosenschale, Rasiermesser und einem Sieb für das Trinkwasser. Sie dürfen niemanden beleidigen oder verletzten und geloben ewige Keuschheit. Frauen dürfen aus diesem Grund weder einen Mönch noch dessen Almosenschale berühren. Es gibt viele weitere Regeln, die beachtet werden müssen, wenn man mit dem Buddhismus in Berührung kommt. Zum Beispiel darf man um Statuen, Pagoden, fest stehende Gegenstände etc. nur links herum gegen. Man darf niemals mit den Fußsohlen, sie werden als unrein angesehen, auf einen Buddha (Mönch oder Mensch) zeigen und auch nicht mit dem Zeigefinger auf ihn deuten. Sie benutzen dazu den Daumen oder Ellenbogen. Für uns bedeutete es jedes Mal wenn wir einen Tempel betraten, aufgepasst! Schon vor dem Kloster/Tempel mussten wir die Schuhe und Socken ausziehen, bei der Begrüßung durften wir nicht wie in Deutschland die Hände geben. Bei Statuen die uns im Wege standen mussten wir aufpassen, dass wir immer links um sie herum gingen, auch wenn das der längere Weg war und beim Schlafen vor dem Altar, wie wir es in einem der Tempel machten, mussten wir uns so platzieren, dass wir nicht die Füße zum Altar/Buddah richteten. Waren wir hingegen bei einer christlichen Gemeinde, war es wieder Thema die Hand zur Begrüßung zu geben und vor dem Essen zu beten. Wir haben viel über die unterschiedlichsten Religionen (Buddhismus, Islam, Hinduismus) gelernt. Wir sind immer und überall in Fettnäpfchen getreten und wir haben oft über das Verhalten anderer gegrübelt. Es hat uns besonders viel Spaß gemacht nur durch Beobachtung die Gewohnheiten der unterschiedlichen Religionen herauszubekommen und zu erraten. Wir haben bestimmt das eine oder andere Mal komplett die falschen Schlüsse gezogen, doch dies konnten wir in den Momenten nicht herausfinden, da die Menschen vielleicht kein Englisch konnten oder es mit ihrem wenigen Englisch falsch erklärt haben. Egal, das macht nichts. Was wir auf jeden Fall auf dieser langen Reise durch die unterschiedlichsten Kulturkreise gelernt haben, ist folgendes: egal welche Kultur, welche Sprache und welche Religion, alle haben ein Dach über dem Kopf, Essen regelmäßig warme Mahlzeiten, verdienen ihren Lebensunterhalt mit Arbeiten und gestalten ihre Freizeit. Diese gestalten sie zwar individuell, aber sie spielen letztendlich doch alle mit ihren Handys, sitzen vor dem Fernsehen, spielen Karten, rauchen oder trinken. Wir haben gelernt uns auf unterschiedliche Situationen einzustellen und das besonderes gut und schnell. Heute hier morgen dort. Jetzt eine Villa, später eine Lehmhütte. Mal darf man als Frau einen Mann ansprechen, mal darf man es nicht. Einmal muss man draußen am Brunnen duschen und ein anderes Mal mit einem Waassereimer im Badezimmer. In einer Region wird nur mit Löffel und Gabel gegessen, wo anders wiederum nur mit den Händen und wieder wo anders bekommt man nur zwei Holzstäbchen zum Essen. Mal hat man Stühle zum sitzen, mal hat man Hocker und mal hat man einen Teppich. Das geht ewig so weiter. Wir sind jetzt auf jeden Fall anpassungsfähig wie ein Chamäleon.

Mittagessen

Da das Frühstück meist schon sehr früh gegessen wird, wird auch das Mittagessen oft schon ab 11 Uhr angeboten. Auch dieses gibt es an zahlreichen Straßenständen und Restaurants. Es ist ganz normal außer Haus zu essen und so ist es wenig überraschend, dass dort eine Vielfalt an frischen Leckereien verkauft wird. Üblicherweise gibt es Reis mit einer Vielzahl kleiner Schalen mit unterschiedlichen Gerichten, Gewürzen, Fisch, Fleisch und Gemüse. Für uns war es bis zum Ende nicht ganz verständlich wie das wirklich lief, wie es abgerechnet wird und so bestellten wir einfach Reis und ließen uns überraschen was sie uns noch auf den Tisch stellen werden. Und dass war in der Regel mehr als genug. Sie brachten uns von allem, was sie vorbereitet in der Küche hatten, etwas. Oft mussten wir sie sogar stoppen noch mehr Schälchen mit Leckereien auf den Tisch zu stellen. Satt wurden wir davon allemals. Wenn wir keinen Reis bestellen wollten bestellten wir eine Nudelsuppe, die entweder selbst gemacht wurde oder einfach aus einer der vielen Fertigtüten genommen wurde. Oder wir bestellten “Fried Noodle“ (gebratene Nudeln). Das beides gab es überall, doch geschmeckt hat es immer anders.

Dienstag, 6. August 2019

Frühstück

In Myanmar wird in der Regel sehr früh gegessen. Es ist nicht unüblich sein Frühstück draußen auf der Straße an einem der vielen Essenständen einzunehmen. Es sind meist Frauen, die in vielen Schalen auf einem Tisch die frischen Zutaten für die verschiedenen Frühstücksgerichte darbieten. Man setzt sich dann einfach davor und sagt, was man gerne hätte und sie stellen dann frisch das Frühstück zusammen. Wir wussten natürlich nie, was sie anboten oder wie es hieß. Also schauten wir einfach bei den Anderen über die Schulter und schauten was uns gefiel und zeigten dann auf das entsprechende Gericht. Das machten wir übrigens nicht nur bei dem Frühstück, sondern bei jeder Mahlzeit, wo es keine andere Kommunikationsmöglichkeit (Sprache, Speisekarte, Bilder) gab. Zum Frühstück gab es jedoch immer ähnliche Dinge und es war meist etwas suppenähnliches mit Nudeln. So wird traditionell zum Beispiel eine Schale Mohinga (verschiedenste Varianten) genossen. Es besteht aus Fisch, der zusammen mit kleingehackten Bananenblüten, Zitronengras, Zwiebeln, Knoblauch und Garnelenpaste zu einer Suppe mit Reisnudeln verkocht und garniert mit Koriander und Limette serviert wird. Es werden je nach Region unterschiedliche Beilagen serviert, wie geröstete Kichererbsen, frittierter Tofu, Hähnchen und Frühlingszwiebeln. Ein weiteres beliebtes Frühstück besteht aus Reisnudeln mit Kokosnussmilch, Hühnchen, Zwiebeln und Bohnen, das mit Limettensaft und hart gekochten Eiern serviert wird. Ebenfalls beliebt bei Einheimischen sind frittierte süße Teigdinger. Ähnlich wie Donuts, Krapfen, Kuchen oder Schmalzgebäck. Eine Sache, die es fast überall gab, war “fried rice“ (frittierter Reis). Den konnten wir sogar meist sehr gut bestellen und wir wussten was kommen wird. Reis mit etwas Gemüse, Hähnchen und einem Spiegelei oben drauf. Und dazu, wie immer und überall gab es eine klare Gemüsebrühe. Auch gab es immer und überall kannenweise Grüntee umsonst. Auf den Tischen standen kleine Tassen und eine volle Kanne Tee. Da konnte man sich nach belieben bedienen und Arne hat meist zu jeder Mahlzeit und zu jedem Snack circa vier bis fünf Tässchen getrunken. Ein für uns typisches Frühstück mit Brot und Marmelade oder Müsli kannst du in Myanmar vergeblich suchen. Aber dafür konnte man schon zum Frühstück große Stücke Fisch und Fleisch verspeisen. Das Frühstück in Myanmar ist anders, ja gewöhnungsbedürftig ist es auch, aber es ist gar nicht mal so schlecht, wenn man weiß, was man bestellen muss :D

Sonntag, 4. August 2019

Land unter

Wer von euch an der Elbe wohnt, oder zumindest in dem Einzugsbereich der Elbe, der weiß was Hochwasser bedeutet. Überall auf den Wiesen ist Wasser, die Bäume stehen im Wasser, das Gras ist nicht mehr zu sehen, kleine Nebenflüsse laufen über und das Wasser steigt langsam immer höher. Oft geht das Wasser bis an die Häuser heran und die Anwohner können sich nur noch mit Boten, Gummistiefeln und über Stege bewegen. Ein absoluter Ausnahmezustand. Die Feuerwehr rückt aus, freiwillige Helfer arbeiten rund um die Uhr und die Nachrichten sind voll von diesen Ereignissen. Hier in Myanmar ist dieser Zustand keine Seltenheit, es ist kein Ausnahmezustand, sondern ganz normal. Es gehört in einigen besonders feuchten Gegenden dazu, sein Haus nur mit einem Boot oder über einen Steg zu erreichen. Sie bauen ihre Häuser extra auf Stelzen, um ihr Hab und Gut vor dem Wasser zu schützen. Wenn etwas aus dem Fenster fällt, fällt es halt ins Wasser. Wenn man Hunger hat kann man einfach die Angel aus dem Fenster halten und warten, bis das Mittagessen angebissen hat. Die Menschen leben in diesen Gegenden von Entenzucht, Fischzucht, Reis und dem Wasserpflanzenanbau. In Myanmar werden viele Wasserpflanzen gegessen. Uns hat besonders gut der Wasserspinatsalat geschmeckt. Es war sehr ungewohnt für uns die überfluteten Gegenden zu sehen und die Häuser, die drohten voll zu laufen und dabei zu wissen, dass es ganz normal ist. Zumindest in der Regenzeit.

Freitag, 2. August 2019

Thanaka

Thanaka ist eine gelblich-weiße Paste aus einer fein geriebenen Baumrinde. In Myanmar wird sie von Kindern und Erwachsenen in jedem Alter in das Gesicht gestrichen und wird salopp als birmanisches Make-up bezeichnet. Die Thanakapaste wird von den Einheimischen als natürliche Kosmetik benutzt. Sie verleiht dem Gesicht ein frisches, jugendliches Aussehen, soll gegen UV-Strahlung der Sonne schützen und kühlend wirken. Zudem hat sie den Ruf, gegen Hautalterung und bei Krankheit gegen Husten und Erkältung zu wirken. Manche Menschen geben sich besonders viel Mühe beim Auftragen der Paste und so zieren runde Kreise oder eckige Muster das Gesicht. Thanakapaste wird aus der Rinde eines ganz bestimmten Baumes gewonnen und das beste Thanaka wird von etwa 35 Jahre alten Bäumen gewonnen. Im Handel kann man entweder die Paste fertig gemahlen oder die rohen Holzstücke von mindestens fünf Zentimeter Durchmesser kaufen, deren Rinde die Menschen auf einem dafür vorgesehenen Reibestein, genannt Kyauk Pyin, mit Wasser zu einer Paste anrühren. Auf Märkten, vor Tempeleingängen und auf Straßen wird Thanaka zu Bergen aufgetürmt angeboten. Erst waren wir verwundert, warum in Myanmar so viel Holz verkauft wird, doch als wir bei einer Familie selber Tanaka herstellen durften und uns die Paste mit einem dafür vorgesehenen Pinsel ins Gesicht schmierten, wussten wir, wofür das ganze Holz war. Die Burmesen sehen damit “ganz normal“ aus. Wir allerdings sahen aus wie Streifenhörnchen aus einem Comic :D

Donnerstag, 1. August 2019

Also doch Hotels..

Nachdem wir doch ein paar Mal von der Polizei in ein Hotel geschickt wurden und wir bei dem Versuch zu Zelten Schwierigkeiten hatten einen ruhigen und trockenen Platz zu finden, haben wir uns dazu durchgerungen doch regelmäßig in Hotels zu übernachten. Natürlich konnten wir nicht in allen Hotels etc. unterkommen und so bedeutete es manchmal für uns, dass wir hundert Kilometer mit Gegenwind fahren mussten oder dass wir nicht so lange fahren konnten wie wir eigentlich wollten. Oft wurden wir bei den Hotels wieder weggeschickt, da sie keine Ausländer beherbergen dürfen (fehlende Lizenz) und so sind wir dann fast jedes Mal in dem teuersten Hotel der Stadt unter gekommen. Uns blieb keine andere Wahl, dass haben sie sehr geschickt eingefädelt. Leider waren die Zimmer auch nicht immer schimmel- und kakerlakenfrei, doch dafür gab es immer einen AC. Tja, pingelig darf man auf so einer Reise eben nicht sein. Doch manchmal waren echte Schmuckstücke dazwischen. Großes Zimmer, tolle Aussicht, gekühltes Wasser, Saft zum Empfang, Wäscheservice und Frühstücksbuffet. Das fiel zwar meistens eher unspektakulär aus, doch satt machte es uns auf jeden Fall. Wenn wir zelten hat alles seinen Platz und seine Ordnung. Doch in so einem Hotelzimmer machte sich jedes Mal nach fünf Minuten das Chaos breit. Mit all den Taschen und Sache die wir mal wieder trocknen mussten, sah es jedes Mal so aus, als ob eine Bombe eingeschlagen ist. Hier habe ich mal ein Vorher-Nachher-Bild für Euch:

Mittwoch, 31. Juli 2019

Das Land der goldenen Spitzen

Überall, wirklich überall sind in Myanmar goldene Spitzen zu sehen. Kleine, große und riesige. Eine einzelne, einige zusammen und viele auf einmal. Alte, neue und welche die gerade noch im Aufbau sind. Am Anfang haben wir uns noch über jede dieser goldenen Spitzen gefreut, die neben, hinter und vor uns aufgetaucht ist. Irgendwann haben wir nur noch über diese Überflutung von goldenen Spitzen gelächelt, bis wir sie dann irgendwann gar nicht mehr wahrgenommen haben. Diese turmartigen, markanten Bauwerke werden Pagoden genannt und sie dienten ursprünglich dazu, die Sarira (Gebeine) von Siddhartha Gautama aufzubewahren, damit die Gläubigen dort den Buddha verehren konnten. Später wurden auch die sterblichen Überreste bedeutender Mönche in Pagoden aufbewahrt. Im Buddhismus spielen visuelle Elemente eine wichtige Rolle für die Verbreitung der religiösen Lehre. Auch wurden anfangs zur Verbreitung des buddhistischen Glaubens die Pagoden mit Schnitzereien und Gravuren verziert, wobei die Schnitzereien natürlich auch eine Dekoration darstellten. Eine Pagode besteht aus vier Teilen. Dem Erdpalast, in dem die Überreste beherbergt wurden und werden. Wir waren auch an einem Ort, wo sich noch in solch einer Pagode die Haare eines bedeutenden Mönchs befanden. Über dem Erdpalast befindet sich ein Sockel, der die Basis der Pagode bildet und das Zentrum der buddhistischen Welt symbolisiert. Über dem Sockel befindet sich der Pagodekörper, der Haupt- und auch bekannteste Teil einer Pagode. Dies sind all die goldenen Spitzen die weit über das ganze Land zu sehen sind und den Buddha symbolisieren. Die Spitze einer Pagode soll das Himmelreich des Buddhas symbolisieren. Deswegen muss jede Pagode eine Spitze haben, egal in welchem Baustil sie gebaut wurde. Die vielen kleinen Glöckchen, die an der Spitze und oft auch an anderen Punkten der Pagode befestigt sind, sind dafür da, um das Bauwerk vor den Vögeln zu schützen. Wir konnten sie auf der Straße oft im Wind bimmeln höheren. Pagoden befinden sich oft in Klöstern und waren somit für uns ein Zeichen für einen möglichen Schlafplatz. Die Klöster waren meist reich verziert und für unser Auge sehr kitschig. Ein ganz wichtiges Element der buddhistischen Kunst sind Buddhastatuen und so waren auch diese an solchen Orten im Überfluss aufgestellt. Klein, groß und riesig. Einzelne, mehrere oder tausende. Wir sind an einer 77m großen Buddhastatue vorbei gefahren. Es wird gesagt, dass das Errichten einer Pagode Glück bringt und das es das Böse verbannt. Daher gibt es auch so unglaublich viele. Und sie sind alle durch Spenden finanziert. Entweder hat eine einzelne Person genügend Geld zu Errichtung einer Pagode oder die Gemeinde sammelt Spenden. Dazu stellen sie sich mit großen Schüsseln rechts und links an die Straße, klimpern mit dem Geld, machen laute Musik an und stellen ganz viele Fahnen auf. Wir sind jedes Mal winkend an ihnen vorbei gefahren und es hat sich ein bisschen wie bei einem Wettkampf angefühlt, wo die Menschen reihenweise an der Seite stehen und dich anfeuern.

Schlammige Abkürzung

Wir mögen Abkürzungen. Sie sind meist fern ab vom Highway und daher nicht so befahren. Außerdem sind es keine Touristen-Pilgerstraßen, auf denen man alle Kilometer lang einen Reisenden trifft und man sieht Dinge, die man am Highway nicht sehen kann. Die Infrastruktur ist oft nicht so gut ausgebaut wie am Highway und es kommt schon mal vor, dass man nichts zu Trinken und zu Essen findet. Es kann auch vorkommen, dass die Straße immer schlechter wird, oder sogar ganz aufhört zu existieren. Sand und Schlaglöcher sind aber auch irgendwie befahrbar. Doch eins kann ich Euch sagen: Sand, Schlaglöcher und Regen in einem sind NICHT befahrbar. Wir haben das letzte Mal, eine dieser Abkürzungen erwischt, wo die Straße immer schlechter wurde und irgendwann nur noch aus festgefahrenem Sand bestand. Zu unserem großen Pech war der Sand auch noch sehr lehmig. Dies wiederum merkten wir allerdings erst, als es angefangen hat zu regnen und da war es schon längst zu spät zum Umkehren. Wir haben uns dort also wortwörtlich “festgefahren“. Es gab nicht nur kein Zurück mehr, sondern auch kein Vorwärts mehr. Wartet mal kurz, ich springe in der Geschichte noch mal kurz etwas zurück. Wir haben uns gemeinsam dazu entschieden, eine Abkürzung fern ab von dem Highway zu nehmen. Diese Abkürzung war in derden Karte allerdings auch als Highway bezeichnet, doch was wir nicht wussten, die Abkürzung wurde gerade neu ausgebaut und war eine einzige Baustelle. Etwa 70 km lang haben sie den Asphalt entfernt und mit Sand aufgeschüttet. Als uns nun die bessere Straße verließ und wir geradewegs in die Mega-Baustelle hinein fuhren war es warm, sonnig und trocken. Der Sand war fest und gut befahrbar. Hin und wieder gab es zu unserer Überraschung ein kleines Stückchen Asphalt und so rollte es dann Kilometer für Kilometer mal gut und mal weniger gut. Nachdem wir unseren Wasservorrat bei einem der Baustellenknotenpunkten aufgefüllt hatten verließ uns jede Zivilisation. Nur noch wir, Berge, Baustelle, Hitze, Sand und Nichts. Das war entmutigend und wir hatten keine Ahnung, wo wir heute schlafen sollten. Wir waren natürlich auch sehr schlecht vorbereitet und hatten nur ein kleines bisschen ungekochten Reis dabei hatten. Wie ein Geschenk vom Himmel tauchte plötzlich ein Handymast auf und wo ein Funkturm ist, ist auch ein Dorf. Es ist nicht wie in Deutschland, dass der Turm möglichst weit weg von allem stehen muss, hier kann man den Turm einfach in den Vorgarten stellen. Doch zu unserer großen Enttäuschung war es ein Fehlalarm. Kein Dorf, kein Haus, kein Essen. Uns blieb nichts als weiterfahren. Immer weiter, bis doch ein paar Häuser/Hütten auftauchten. Abgeschnitten von jeglicher Zivilisation warteten sie darauf, das der “Highway“ endlich fertig wurde. Doch der Manager den wir getroffen haben, meinte es braucht noch zwei Jahre bis sie mit dem Projekt durch sind. Wir haben in dem kleinen Ort einen Tempel entdeckt und steuerten nun direkt auf den Eingang zu. Arne klopfte an der Tür und kurz darauf kam ein verschlafener Mönch an die Tür und kippte sich erstmal ein bisschen Wasser ins Gesicht. Er war sehr freundlich, bat uns herein, gab uns Tee und Kekse und so wie er merkte, dass wir hungrig waren gab er uns noch süßes Brot. Er legte uns eine Matte und zwei Kissen unter das Haus, sodass wir uns ausruhen konnten. Das Haus war komplett aus Holz gebaut und stand auf Stelzen, sodass darunter genügend Platz für uns und die Räder waren. Heute Nacht mussten wir nicht schwitzen. Morgens ging es dann mit einem Frühstück gestärkt weiter. Bei dem nächsten Shop der uns über den Weg lief, kauften wir erstmal Kekse für den nächsten Notfall. Die Menschen freuten sich über uns, gaben uns Tee und einen typischen Teeblätter-Erdnuss-Snack. Bei einem kleinen Restaurant bekamen wir frische Mango und waren sehr guter Dinge. Es war immer noch bestes Wetter und wir kamen den Umständen entsprechend gut voran. Der Manager des Bauprojektes kam mit seinem Auto vorbei und hielt an. Er wollte uns scheinbar vor dem kommenden Regen warnen und er ist auch extra zurück gefahren, wie er betonte, da es dem nächst regnen wird. Wir sahen nun auch die Wolken, die sich langsam über die Berge schoben, doch wir sahen noch nicht so richtig das Problem. Also fuhren wir ahnungslos weiter, um möglichst lange noch im Trockenen zu fahren. Die Wolken kamen immer näher und es sah sehr mystisch aus und da auf einmal war der Regen da. Wie aus Kübeln entleerte sich der Himmel und wir rannten Schutz suchend unter den nächsten Dachvorsprung. Wir schauten uns das Wetter an und warteten was nun passieren wird, immer noch die Warnung des Managers im Hinterkopf. Es passierte nichts. Kein Auto, kein Truck, kein Mensch. Ein einzelner Scooter quälte sich durch die Schlammschicht, die sich auf der Oberfläche der Straße gebildet hatte. Das Hinterrad schlidderte abwechselnd nach links und rechts, sodass der Fahrrer Probleme hatte sich im Sattel zu halten. Das ermutigte uns nicht gerade. Dennoch haben wir die kleine Regenpause genutzt, um weiter zu fahren. Vorsichtig haben wir unsere Räder auf die Straße geschoben. Unter uns fühlte sich die Schlammschicht an wie eine Eisbahn und ganz vorsichtig haben wir uns in die Sättel gesetzt. Unter unseren Schuhen haben sich riesige Klumpen Matsch gebildet, die wir nun auf die Pedalen wuchteten und ganz vorsichtig los fuhren. Es lief gut, kurzzeitig haben wir sogar Hoffnung gehabt. Es hatte aufgehört zu regnen, wir kamen langsam voran und unsere Stimmung war gut. Sie war so lange gut, bis wir auf vier auf der Straße stehende Fahrzeuge stießen. Zwei standen auf unserer Seite vom Fluss und zwei auf der anderen Seite. Jetzt verstanden wir auch, warum der Manager zurück gefahren ist. Denn jetzt gab es kein Durchkommen mehr. Auch für uns? Das Wasser hatte sich tief in die Straße gefressen und das von den Bergen herabströhmende Wasser nahm kein Ende und war zu einem reißenden Fluss geworden. Schlammlawinen machten das Durchkommen unmöglich und je länger wir warteten, desto geringer wurde unsere Chance doch irgendwie den “Fluss“ zu überqueren. Arne sah wohl eine Möglichkeit an der Seite vorbei zu kommen, da dort das Wasser nicht ganz so reißenden war. Doch er kam nicht weit. Seine Füße und Reifen gruben sich, wie im Moor, in den Schlamm und er schien für einen kurzen Moment vom Schlamm verschluckt zu werden. Irgendwie schaffte er es wieder zurück zu kommen aber die Hoffnung in seinen Augen war verschwunden. Ratlos schauten wir uns an. Wir hatten absolut keine Ahnung was wir machen sollen und Erfahrungen mit solchen Situationen hatten wir erst recht nicht. Anders sah es mit den beiden einheimischen Truckfahrern aus, die kurzerhand aus ihrem Wagen stiegen, ihre Schlappen auszogen und durch den Schlammfluss warteten. Sie suchten den Weg nach großen Stolpersteinen ab und halfen uns die Räder hinüber zu tragen. Wir hatten natürlich noch unsere Schuhe an, die nun mit Schlamm und Wasser voll liefen. Sie fühlten sich nun noch schwerer an und waren uns keine große Hilfe. Doch wir konnten weiter fahren. Die Klumpen unter den Schuhen wurden immer größer und langsam fingen auch die Reifen an mit ihrem Profil den Schlamm einzusammeln. Aus langsam wurde irgendwann immer schneller, bis sich gar nichts mehr drehte. Halb schiebend, halb tragend kamen wir bei einem Baustellenstop an. Die Jungs halfen uns die Räder vom Schlamm zu befreien, sodass wir weiter konnten. Wir mussten es auch nur noch bis zu dem nächste Tempel schaffen, den wir sogar auch schon sehen konnten. Doch dies stellte sich als eine weitere Herausforderung heraus. Erneut fingen die Räder an den Schlamm einzusammeln und erneut waren die Räder blockiert. Wir waren nur noch wenige hundert Meter vor dem Tempel, doch ich war kurz davor aufzugeben. Beim Schieben rutschte der hintere Reifen ständig weg und das Rad fraß sich langsam immer tiefer in den Schlamm. Eine nette Bande junger Erwachsener kam uns zur Hilfe und schob mit uns die Räder aus diesem Schlamassel. Und dann kam der Rückschlag. Wir können bei dem Tempel nicht bleiben, sondern müssen bis ins nächste Dorf fahren bzw. schieben/tragen. Nein, dass konnte nicht sein. Wir versuchten es noch einmal, doch es stellte sich heraus, dass der Tempel gar nicht bewohnt war und keine Menschenseele dort war. Die Männer halfen uns eifrig die Räder erneut vom Schlamm zu befreien, sodass wir wenigstens bis ins nächste Dorf kamen. Sehr hilfsbereit brachten sie eimerweise Wasser, pulten den Dreck unter den Schutzblechen hervor und bemühten sich die Räder blitzblank aussehen zu lassen. Doch bis dies einmal wieder der Fall sein wird, müssen wir wohl noch lange warteten. Denn als wir mit viel Mühe im nächsten Ort ankamen (ein Ort besteht an dieser Straße lediglich aus wenigen Häusern), waren die Fahrräder vor lauter Schlamm nicht mehr zu erkennen. Ein Tempel war für uns in dem Ort ebenfalls nicht zu erkennen, also fragten wir die Familie mit dem größten Haus, ob wir bei ihnen waschen, essen und schlafen könnten. Wie sich später herausstellte, sind wir bei dem Bürgermeister gelandet und es war gar kein Problem, dass wir eine Nacht bleiben. Naja, es war wohl schon ein Problem, da wir wieder unseren Pass zeigen mussten und der Bürgermeister telefonieren musste. Doch wir hatten Glück und der Bürgermeister war auf unserer Seite und schickte uns nicht in ein Hotel. Was auch gar nicht möglich gewesen wäre. Alle halfen uns die Sachen zu waschen und den Dreck aus allen Ritzen zu kratzen. Wir wurden reich bekocht, haben einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachtet und durften unter einem großen mit Blüten bestecktem rosanem Himmelschleicher übernachten. Am nächsten Tag fragten wir uns, wie wir hier nun weg kommen sollten. Fahrrad fahren war keine Option, da es in der Nacht erneut geregnet hatte und die Straße eine einzige Matschgrube war. Bleiben war auch keine Option, da es wohl auch die nächsten Tage nicht besser werden würde. Und wir waren ja immer noch illegal dort. Wir dachten vielleicht auf einen Truck oder Pickup warten und dann den Daumen raus halten ist eine gute Idee und da kam auch schon jemand vorbei gefahren. Doch dieser fuhr nicht weiter und so ist auch dies gescheitert. Es kamen auch keine weiteren Vehikel vorbei, da es auch nicht möglich war, auf dieser Straße zu fahren. Wir waren etwas verzweifelt und fragten die Familie, ob es irgendjemanden in der Nähe gibt, der uns für Geld weiter fahren würde. Doch in dieser Gegend hatte auch niemand ein Auto. Wofür auch, wenn es keine richtige Straße gibt. Wir saßen also ratlos auf der Treppe und starrten auf die Straße. Es sah so aus, als ob wir versuchen müssen zu schieben. Großartige Aussichten. Wir haben uns schon eine Woche lang auf dieser Straße unsere Fahrräder schieben sehen, als einer aus der Familie die Idee hatte uns mit dem Trecker weiter zu fahren. Wir machten einen Luftsprung. Würden sie uns wirklich mit dem Trecker fahren? Und da holten sie auch schon einen Trecker aus einem Schuppen hervor und versuchten ihn erstmal in Gang zu bekommen. Wir hörten wie er immer wieder aus ging und beteten, dass sie es hinbekommen würden. Und da endlich hörten wir ein regelmäßiges Knattern und mit neuem Schwung luden wir die Räder auf den Hänger. Wir hatten nun vier Stunden Fahrt vor uns. Was nicht gerade weich und angenehm war, sondern hart und holprig. Doch uns war alles egal, Hauptsache wieder eine befestigte Straße unter den Rädern. Wir hätten alles dafür gezahlt, doch die Familie ließ uns nicht einen Kyat zahlen. Danke noch mal für Eure Hilfe! Auf einer asphaltierten Straße stiegen wir vom Trecker und waren überaus froh. Doch nur für einen kurzen Moment. Denn jetzt mussten wir erstmal Arnes Scheibenbremsen wieder zum Laufen bekommen, denn im Schlamm wurden diese völlig zerstört und ohne Bremse die Berge hinunter zu fahren ist keine gute Idee. Mit schleifender Bremse ging es nun bergab. So weit so gut. Doch mit schleifender Bremse bergauf zu fahren macht nicht lange Spaß und so saßen wir schon wieder am Straßenrand und versuchten die Bremsen einzustellen. Irgendwann waren wir beide so erledigt von der Bremse und den ganzen steilen Anstiegen, dass wir uns ins Gras legten und alle Viere von uns streckten. Kann das sein? Hören wir da wirklich einen LKW den Berg hoch fahren? Nein, dass ist nicht möglich. Uns hat den ganzen Tag auf diesem “Highway“ nicht ein größeres Auto oder geschweige denn ein Truck überholt. Wir fühlten uns verloren, denn schon wieder hatten wir nicht genug zu Essen und wir steckten mitten in einem Nationalpark. Doch da war dieses Geräusch. Ich bin aufgesprungen und habe mich an die Straße gestellt und tatsächlich kam da ein Truck um die Ecke. Freudig habe ich Arne zugewunken und im selben Moment auch schon den Fahrer angehalten und gefragt ob er uns mitnehmen würde. Er nickte, wir wuchteten gemeinsam die Räder hinten drauf und stiegen ein. Wir fragten nicht wo die Fahrt hin geht, wir nutzten einfach diese geniale Gelegenheit wieder in die Zivilisation zurück zu kommen. Und tatsächlich fuhr der LKW bis in die nächste große Stadt, wo wir uns erstmal für zwei Tage in ein Hotel eingemietet haben. Wahnsinn, morgens steckten wir noch ganze 70km im Schlamm und abends lagen wir im Hotelbett und wussten, dass es die nächsten Tage nur noch auf einem gut ausgebauten Highway weiter geht. Wir fahren gerne auch mal einige Tage durchs Nichts, aber dann doch bitte gut vorbereitet und auf Straßen/Wegen, die befahrbar sind und nicht die Fahrräder zerstören.

Samstag, 20. Juli 2019

Fortsetzung

Nachdem wir also einige Kilometer gefahren sind, um aus der Reichweite der Polizei zu entkommen, haben wir insgeheim schon wieder nach einem alternativen Schlafplatz Ausschau gehalten. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir eigentlich nicht in das Hotel wollten, welches eh nicht auf unserem Weg lag. Doch auf dem Weg, den wir fahren wollten, gab es in den nächsten Kilometern kein Hotel. Wir hatten uns eigentlich auch gesagt, dass wir keine Einheimischen fragen wollen, da wir keinen in Schwierigkeiten bringen wollen. Doch irgendwo mussten wir ja schlafen und so kam es, dass Arne mich auf eine Kirche aufmerksam machte und ich dachte, er denkt auch, dass dies ein guter Platz wäre. Ich habe also kurzerhand angehalten und die Familie, die scheinbar zur Kirche gehörte gefragt, ob wir für die Nacht bleiben könnten. Später stellte ich heraus, das Arne mir die Kirche nur zeigen wollte und gar nicht die gleichen Hintergedanken hatte wie ich. Doch es war zu spät, wir hatten schon schleunigst unsere Räder hinter das Haus geschoben, damit sie von der Straße aus nicht zu sehen sind und saßen nun auf der Terrasse versteckt hinter der Wäsche, die noch über der Leine hing. Der Mann ist direkt nach unserer Ankunft weggelaufen, um offensichtlich etwas zu erledigen. “Bitte hol nicht die Polizei“, beteten wir. Und genau in dem Moment entdeckten wir auf der Wäscheleine einige Klamotten in den Farben des Militärs und wir ahnten das Schlimmste, nämlich das wir direkt in die Arme eines Gesetzesvertreters gelaufen sind. Natürlich war zu unserem Glück auch noch ein Gruppenübungsplatz direkt gegenüber des Hauses. Ein Motorrad auf der Straße wurde langsamer und bog auf den Hof ab. Drei Menschen stiegen ab und kamen auf uns zu. Eine schwangere Frau, ihre Freundin und ein Kind. Sie sahen ganz und gar nicht aus wie die Polizei. Wir atmeten erleichtert auf und da kam auch schon unser Gastgeber angerannt. Er hatte nur seine Nachbarin zur Hilfe geholt, da sie ein paar Sätze Englisch konnte und er wollte uns fragen, ob wir auch Abendessen möchten und ob wir Vegetarier sind. Er schnitt uns zwei Mangos auf und zeigte uns einen Klassenraum in einem Holzhaus auf Stelzen (typisches Haus in Myanmar in wasserreichen Gegenden). Schließlich saßen wir im Dunkeln am kniehohen Tisch und haben gemeinsam mit der Familie (Vater, Mutter und Sohn) zu Abend gegessen. Es war dunkel, so wie in der ganzen Kleinstadt, da es gar kein Strom gab. Jeder konnte mit einer Batterie zu einer Ladestation fahren und sie gegen Geld aufladen, aber das Geld fällt ja nicht vom Himmel. Wir waren froh über die Dunkelheit, da wir so nicht entdeckt werden konnten. Und außerdem ist der Sternenhimmel umwerfend gewesen. Morgens sind wir extra früh aufgestanden, um möglichst noch vor den Soldaten auf den Beinen zu sein, doch als wir aus dem Fenster schauten liefen sie bereits schon in großen Gruppen über den Trainingsplatz. Zu unserer Erleichterung waren sie allerdings damit beschäftigt über Baumstämme zu klettern und an Seilen zu hängen und somit hatten sie keine Augen für uns. Unser Gastgeber angelte für uns noch ein paar frische Mangos vom Baum und vier kleine Enkelkinder wuselten um uns herum. Mangos müssen vorsichtig vom Baum gepflückt werden, denn wenn sie herunter fallen platzen sie auf und sind matschig und ungenießbar. Eine Mango hing so blöd, dass Arne mit seiner Größe aushelfen musste und so kam es, dass Arne seine erste Mango pflückte, indem er sie mit einem langen Stab herunter stieß und elegant mit der anderen Hand auffing.

Donnerstag, 18. Juli 2019

Eins zwei drei Polizei

Unsere erste Nacht in Myanmar haben wir an einem buddhistischen Kloster verbracht. Gleich bei dem ersten Kloster, an dem wir angehalten und nach einem Schlafplatz gefragt haben, hat der Mönch ja gesagt. Also eigentlich lief es so ab: Wir begrüßten ihn mit einem “Hello“, legten unsere Handflächen aufeinander und legten unseren Kopf zum schlafen darauf. Der Mönch hat daraufhin mit dem Kopf genickt und mit der Hand zu einem Gebäude gezeigt. Auch alles weitere lief mit Handzeichen ab. Wo die Dusche ist bzw. Wasser zum waschen, ob wir etwas essen wollen und wo die Toiletten sind. Doch wie stellt man pantomimisch eine Toilette dar? Einfach “Hände waschen“ zeigen geht nicht, da die Waschbecken nicht mit in der Toilette sind und es auf Englisch sagen hat auch nicht geholfen. Naja irgendwie haben wir alles heraus finden können und die Nacht vor dem Altar, neben einem Mönch geschlafen. Die zweite Nacht wollten wir wieder bei einem Kloster verbringen, da es dort wohl immer einen Platz zum Schlafen, etwas zu Essen und eine Dusche gibt. Außerdem ist es günstiger als ein Hotel und wir haben viel mehr Kontakt zu den Einheimischen. Ich muss hier noch kurz anführen, dass es in Myanmar ein Gesetz gibt, welches besagt: “Ausländer MÜSSEN ausschließlich in lizenzierten Hotels übernachten“. Wir haben es aber natürlich erstmal ohne Hotel versucht. Gegen späten Nachmittag sind wir also wieder zu einem Kloster gefahren, es war sehr ruhig und nur ein einzelner Mönch saß über seinen Büchern. Dieser verstand uns nicht und schickte uns weiter. Bei dem nächsten Kloster wurden wir von vielen kleinen und größeren neugierigen Jungens begrüßt, alle trugen sie ein rotes Gewand und einen rasierten Kopf. Wie kleine Mönche. Ein Mann, der wohl etwas in diesem Kloster zu sagen hatte, versuchte unser Anliegen zu verstehen und anschließend schien er eine Lösung zu suchen. In der Zwischenzeit versorgte uns eine der Lehrerinnen mit Tee und Kuchen und obwohl wir uns eigentlich nicht verständigen konnten, haben wir alle sehr herzlich gelacht. Auf einmal fingen die Kinder an sich davon zu machen und möglichst aus dem Blickfeld zu kommen und prompt in dem Augenblick bemerkten wir auch ein vorfahrendes Auto. Die Lehrerinnen sagte: “Polizei“, doch die beiden Männer, die aus dem Auto stiegen, sahen für uns nicht wie zwei Polizisten aus. Der Mann in barfuß kam auf uns zu und fragte nach unseren Pässen. Wir zeigten ihm unser Visum, woraufhin er uns sagte, dass wir hier nicht bleiben könnten und für die Nacht in ein Hotel gehen müssen. Dass wussten wir ja eigentlich auch, aber dass wir so schnell von der Polizei eingesammelt werden würden, hatten wir nicht gedacht (ich kann Euch jetzt schon mal verraten, dass wir noch ein zweites Mal eingesammelt wurden und es dann gelassen haben, an Klöstern zu fragen). Wo sollen wir also jetzt hin? In 15 km lag wohl das nächste Hotel, aber es war gar nicht auf unserem Weg. Die Sonne ging langsam unter und uns lief die Zeit davon. Zuerst fuhren wir einige Kilometer weiter, um uns von den Polizisten zu entfernen. Wir fühlten uns ein bisschen komisch und wussten nicht so recht was wir jetzt machen sollten. Einen Schlafplatz brauchten wir auf jeden Fall. Wir wollen auch keinen in Bedrängnis bringen, indem wir irgendwo illegal übernachteten, aber mal eben mit dem Rad noch zum nächsten Hotel fahren war auch nicht wirklich drin. Was wir letztendlich gemacht haben, erzähle ich Euch im nächsten Eintrag.

Montag, 15. Juli 2019

Bundesstaat Manipur

Der Bundesstaat Manipur gehört ebenfalls zu den sogenannten sieben Schwesterstaaten Nordostindiens und liegt im Osten an der Staatsgrenze zu Myanmar. Es war der letzte indische Bundesstaat den wir durchquert haben. Es hat sich allerdings nicht sehr indisch angefühlt, da dieser Bundesstaat erst nach dem zweiten Weltkrieg zu Indien gehörte und so noch viele eigene Tradition auch. Im Zentrum Manipurs liegt das Imphal- oder Manipur-Tal mit der Hauptstadt Imphal, in der unser Gastgeber wohnt. Das Imphal-Tal wird zu allen Seiten von Bergen umgeben, sodass wir bei der Durchquerung des Tales zu allen Seiten einen Blick auf die Berge hatten und natürlich durften wir einmal runter ins Tal fahren und mussten wieder hoch fahren um rüber nach Myanmar zu kommen. Im Zweiten Weltkrieg wurde Manipur während der japanischen Besetzung Myanmars (Birmas) zeitweilig zum Frontgebiet. Und wer es, so wie wir auch noch nicht wusste, in Imphal wurde die letzte Schlacht der Briten geschlagen. Ihr könnt ja mal eure Geschichtskenntnisse auf den Stand bringen ;) Nachdem Großbritannien Indien 1947 in die Unabhängigkeit entlassen hatte, wurde Manipur zunächst unabhängig, schloss sich dann jedoch zwei Jahre später an Indien an. In der Stadt befinden sich noch heute die Ruinen des Palastes von Kangla und es gibt mehrere Denkmäler, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern und das Manipur State Museum zeigt in einer Ausstellung Gegenstände und Bilder aus der Geschichte des Bundesstaates Manipur. Unser Gastgeber war ganz bewandert in diesen Themen und hatte selbst eine direkte Verbindung zu dem letzten König in Imphal. Also zeigte er uns das Museum und erzählte uns sehr viel über die Vergangenheit seines Bundesstaates. Er zeigte uns seine Stadt und die umliegenden Berge und (Ur-) Wälder. Drei Viertel der Landesfläche von Manipur sind mit Wald bedeckt und die Regierung Manipurs betreibt aus Gründen der Nachhaltigkeit und Ökologie bewusst eine Politik der Konservierung der Waldressourcen und Beschränkung der Waldnutzung. So dürfen Berghänge ab einer Neigung von 45 Grad nicht mehr bewohnt werden und sie ist für den Wald vorgesehen. Unser Gastgeber hat mit hunderten Freiwilligen tausende Bäume an bereits gerodeten Hängen neu gepflanzt. Auch hat er uns mit zu einem Markt in Imphal genommen, wo es seit eh und je nur Frauen erlaubt ist ihre Ware feilzubieten. Das war schon wieder irgendeine Tradition die er uns nahe gebracht hat. Auch haben wir musikalisch einiges in den Tagen kennengelernt. Er selbst kommt aus einer Künstlerfamilie, war auch schon in Europa auf Tournee und hat uns somit mit Begeisterung einige traditionelle musikalische und künstlerische Vorstellungen gezeigt. Glücklich war auch, dass der Musikwelttag genau in diese Zeit viel und somit das musikalisch-kulturelle Angebot sehr hoch war. Den Abend des Musikwelttages haben wir allerdings nicht mit traditionellen Klängen (die auch eher etwas anstrengend für unsere Ohren waren) ausklingen lassen, sondern mit einem Open Air Rockkonzert. Die Zeit bei unserem Gastgeber und seine Familie war mit Musik, Tradition und Geschichte geschwängert, doch am allerbesten war der Nachmittagssnack. Und da gab es auch kein entkommen. So haben wir jeden Nachmittag einen der vielen leckeren und oft scharfen Snacks aus der Gegend probiert. Davor gab es ein dickes Mittagessen von der Mutti gekocht und danach ein großes ebenfalls selbstgekochtes Abendessen. Natürlich hatten wir auch zum Frühstück schon eine ordentliche Portion. Wir hatten die ganze Zeit nicht einmal Hunger :D Oft saßen wir unter dem Terrassendach und haben gegessen oder wir saßen unter dem Vordach eines Snack-Geschäftes und haben gequatscht. Und dann fing es fast jeden Tag einmal an sehr heftig zu regnen. Also richtig heftig. Der Innenhof war nach nur fünf Minuten überflutet und wenn das Haus nicht auf einen hohen Sockel gebaut währe, würde das Wasser rein laufen. Ein Bild von der “Überschwemmung“, sowie von den anderen Eindrücken aus dieser Zeit habe ich mal für Euch zusammen gestellt.

Samstag, 13. Juli 2019

140 km

Von Kohima aus ging es für uns nach Imphal. Es waren 140 km und somit planten wir dafür zwei Tage ein. Kurzfristig fragten wir einen Tag vor unserer Abreise bei einem Warmshower Gastgeber in Imphal an, ob wir in zwei Tagen vorbei kommen könnten. Dieser antwortet sofort und schrieb am Ende: “Dann bis morgen!“. Warum morgen fragten wir uns, wir hatten ihm doch geschrieben, dass wir zwei Tage brauchen. Er meinte daraufhin nur: “Das schafft man auch an einem Tag, es geht fast nur Berg ab“. Wollen wir die Herausforderung annehmen? Erstmal haben wir das Höhenprofiel gecheckt, und da sah es ganz und gar nicht so aus, als ob es nur Berg ab ging. Also sind wir am nächsten Morgen erstmal ganz entspannt nach dem Frühstück losgefahren. Und natürlich ging es nicht nur Berg ab, sondern erstmal 35 km Berg auf. Den Vormittag haben wir also damit verbracht Berg auf zu fahren. Dann wurde die Straße so schlecht, dass ich das Rad fast in die Ecke geschmissen hätte (ich hasse es auf schlechten Straßen Berg ab zu fahren). Daraufhin haben wir in einem der vielen “Reis Hotels“ erstmal Reis gegessen. Wir haben nach einem Gästehaus Ausschau gehalten und erstmal noch eine Pause bei einer Aussichtsplattform eingelegt. Wir hatten erst 50 km geschafft, doch da wurde auf einmal die Straße ganz unerwartet richtig gut. Und natürlich hatten wir beide von Anfang an den Ehrgeiz die Strecke an einem Tag zu schaffen, haben es aber jeweils beide nicht dem anderen gesagt. Und als die Straße perfekt wurde und es nun wirklich sehr lange Berg ab gehen sollte, war klar, dass wir die Herausforderung annehmen. Wir traten also noch mal so richtig in die Pedalen um die 90 km am Nachmittag noch zu schaffen. Natürlich konnte nicht alles perfekt laufen. Das wäre auch zu schön gewesen und so richtig Glück mit dem Wind, Wetter und der Straße haben wir eh sehr selten. Irgendetwas steht immer gegen uns. Heute war es der Regen. Es fing am späten Nachmittag heftig an zu regnen. Wir durften aber keine Zeit verlieren und so zogen wir uns also unsere Regenjacken über und fuhren geradewegs gegen die Regenwand. Immer wieder mussten wir reißende Flüsse überqueren, die über die Straße flossen, da dass Wasser aus den Bergen nirgendwo anders abfließen konnte. Vor uns war plötzlich ein riesiges Chaos auf der Straße, große und kleine Dinge lagen auf der Straße verteilt, Menschen zogen und zerrten an irgendwelchen Dingen und andere fegten etwas von der Straße. Je näher wir kamen, desto besser konnten wir erkennen, was sie dort machten. Es war ein Graben, den die Bewohner die letzten Wochen mit ihrem Müll vollgestopft hatten, der nun verstopft war und überlief. Der gesamte Müll floss nun über die Straße und verteilte sich großflächig, die Menschen standen knietief im Müll und versuchten den Graben wieder frei zu bekommen, damit das Wasser über den Graben ablaufen konnte. Im nächsten Dorf wurde eine ganze Hütte mitgerissen und schwamm in Einzelteilen auf der Straße. Aber das alles war nur ein normaler Regen in der Regenzeit und daran muss man sich halt gewöhnen. Einen leichten Sommerregen kennen die hier nicht. BUUUM. Wir sind beide gleichzeitig zusammen gezuckt und haben uns umgeschaut wo der Knall herkam. Ich bin sofort stehen geblieben, da sich mein Fahrrad komisch anfühlte und als ich auf meinen Reifen schaute war da keine Luft mehr drin. Mein Mantel war geplatzt. Im strömenden Regen habe ich nun mein Rad unter das nächste Garagendach geschoben und angefangen meinen Schlauch und Mantel auszutauschen. Prompt in diesem Moment kam der Besitzer nach Hause und wollte gerne mit seinem Auto unter das Garagendach. Er konnte netterweise aber etwas warten und bot uns sogar noch Wasser an. Der Regen hatte inzwischen etwas aufgehört, aber dafür fing die Sonne an unter zu gehen. Für uns gab es jedoch kein zurück mehr und so knipsten wir unsere Lampen an und strampelten weiter. Auch die Straße wurde wieder etwas schlechter und so mussten wir immer wieder durch die riesigen Pfützen hindurch fahren. Wir konnten sie oft erst sehr spät sehen, da es ja dunkel wurde. Slalom fahren war also nicht richtig möglich. Die Tiefe der Pfützen konnte man auch nicht einsehen und ob dort Steine drin liegen erst recht nicht. Es war einfach nur Augen zu und durch und hoffen. So wurden doch hin und wieder die Füße nass und der Reifen rutschte weg und man drohte umzukippen. Wenn das alles gewesen wäre okay, aber da waren noch die Autos die uns entgegen kamen. Sie spritzten uns von oben bis unten mit dreckigem, sandigem Pfützenwasser voll und es sammelte sich nach und nach eine Sandschicht im Gesicht. Dann waren da noch die Motorräder mit einem Matschauge, die man erst spät erkannte und am schlimmsten waren die Trecker und Bagger, die ohne jedes Licht fuhren und über die gesamte Straße pflügten. Ich hätte genauso gut die Augen zu machen und blind fahren können. Gott sei Dank, kam dann ein beleuchteter Straßenabschnitt, der gut befahrbar war und uns die letzten Zehn Kilometer bis zu unserem Gastgeber bringen sollte. Tssss.. Natürlich sollte es nicht so einfach sein. Tssss.. Ich hielt an, schaute auf meinen Reifen und fluchte leise. Noch einen Platten. Diesmal war kein Garagendach in der Nähe, dass uns Schutz vor dem erneuten Regen geben konnte. Es war weit und breit nichts. Nur Dunkelheit und Nässe. Und ein kleiner Pflanzenladen, der schon geschlossen hatte. Aber wir hatten keine andere Wahl als dort unser Glück zu versuchen und tatsächlich fanden wir dort einen kleinen Übergang, der zwar die Hälfte des Regens hindurch ließ, aber immer noch besser war als nichts. Die Besitzer wohnten selbst auch in dem Laden und ließen uns eintreten, gaben uns Stühle und einen heißen Tee. Das tat gut. In der Ecke knisterte ein Feuer und draußen prasselte der Regen. Ich zog den Nagel, den ich mir eingefangen hatte aus dem Reifen und montierte den Reifen mit dem neuen Schlauch. Vom heißen Tee gewärmt und vom Zucker im Tee gestärkt konnten wir nun erneut die letzten Zehn Kilometer antreten. Wir haben uns nur noch einmal kurz Verfahren, sind beinahe in eine rasante Autoverfolgung geraten und wurden von einem Hund angegriffen. Zwei Moped Fahrer hatten es aber mitbekommen und haben direkt den Hund mit ihrem Moped abgeblockt und eine ältere Dame kam mit ihrem Stock gelaufen, um den Hund zu verscheuchen. Danke. Jetzt mussten wir nur noch unseren Gastgeber finden. Natürlich sind wir prompt an seinem Haus vorbei geradelt und mussten noch einmal zurück fahren. Am Ende des Tages lagen wir sehr glücklich, warm geduscht und voll gegessen unter dem Mückennetz in einem eigenen Zimmer und wünschten uns eine gute Nacht.

Mittwoch, 10. Juli 2019

Bundesstaat Nagaland

Auch Nagaland ist einer der sogenannten „Sieben Schwesterstaaten“, die den Nordosten Indiens ausmachen. Die Hauptstadt dieses Bundesstaates ist Kohima und war eines der Tagesziele auf unserem Weg nach Myanmar. Unser Gastgeber hatte uns vor der 70 km langen Bergstraße hoch nach Kohima (die Stadt liegt 1382m über dem Meeresspiegel) ausdrücklich gewarnt und uns ans Herz gelegt, einen Bus zu nehmen. Wir sind also zum Busbahnhof und haben zwei Tickets für zwei Euro gekauft. Es hieß es gibt keinen Busplan und so mussten wir warten bis der nächste Bus abfuhr. Die Busfahrer können selbst entscheiden wann sie abfahren wollen und so warten sie so lange, bis auch der aller letzte Sitz im Bus besetzt ist. Wir hatten Glück und einer der Busse war schon fast voll. Wir wuchteten also die Fahrräder auf's Dach, verteilten unsere 7 Taschen im ganzen Bus in jeder noch freien Ecke, neben Obstkisten, Gepäckstücken, Pflanzen und Hühnern. Für uns selbst fanden wir in der aller letzten Reihe noch einen Platz. Eingezwängt zwischen den Sitzen konnte die Fahrt am offenen Fenster beginnen. Schon nachdem wir den Busbahnhof verließen schlugen unsere Knie heftig gegen die vordere Sitzreihe. Jedes weitere Schlagloch bedeutet ein weiterer Schlag gegen die Knie. Ich setzte mich also so aufrecht hin wie ich nur konnte, um meine Knie zu schonen, doch bei Arne brachte auch das aufrechte Sitzen nichts. Er klemmte sich also ein Stück Stoff zwischen Knie und vordere Sitzlehne. Doch auch so hätte es nicht lange gedauert und die Knie wären blutig gewesen. Wir fragten also unsere Sitznachbarn, ob wir so tauschen könnten, dass Arne beim Mittelgang sitzt. Nun waren wir so gut wie möglich für die holprige Fahrt gewappnet. Die kompletten 70 km waren eine einzige Baustelle und die Straße war nicht einmal richtig befahrbar. Ein Schlagloch neben dem anderen und jedes Mal hüpften wir auf der letzten Reihe 30cm nach oben. Es war nicht möglich irgendetwas anderes zu machen, außer sich irgendwo ganz dolle festzuhalten. Ich musste ständig an unsere Räder denken, die auf dem Dach hin und her hüpften und hoffte nur, dass sie es überleben werden. Ob mein Körper die sechs Stunden Hüpftour überlebt war mir in diesem Moment egal, denn bei unserem Gastgeber in Kohima konnten wir uns erstmal ein paar Tage ausruhen. Doch erstmal mussten wir dort ankommen und dafür mussten wir noch durch tausende Schlaglöcher durch und an vielen Abgründen vorbei. Dazu kam noch ein starker Regen, der die Schlaglöcher zu Seen machte und die sandige Straßenoberfläche zu einer rutschigen Schlammschicht machte. Der Bus rutschte nun über die Straße, fuhr in Schräglage durch die Löcher, da man die Tiefe nicht mehr einsehen konnte und wich dabei noch dem Gegenverkehr aus. Alles ohne Scheibenwischer. Die Aussicht war schön. Berge, Bäume, grüne Waldflächen (im Jahr 2013 waren nach offiziellen Angaben etwa 55 % der Landesfläche mit Wald bedeckt), dunkle Wolkenbilder, große Kirchen auf den Bergspitzen, Regenbögen, bunte Häuser an den Berghängen, und LKW's, die in den Graben gerutscht sind. Die Hälfte der Zeit habe ich mich nicht getraut raus zu schauen. Arne dagegen war deutlich entspannter, doch meine Sitznachbarin war noch viel tiefenentspannter. Sie schief nämlich die ganze Fahrt und wachte nur bei ganz großen Schlaglöchern auf, die uns einen halben Meter hoch warfen. Auch alle anderen Köpfe neigten sich nach und nach nach unten und schaukelten gemeinsam im Takt. Mein Hintern war wundgesessen und ich war froh, als wir heile oben angekommen sind. Kohima liegt so, dass man von jedem Haus eine wunderschöne Aussicht auf die Berge hat. Dafür geht es aber innerhalb der Stadt auch viel Berg auf und Berg ab. Überall waren große Kirchen zu sehen und dabei versuchte eine Kirche die Andere in ihrer Größe und Schönheit zu übertreffen. Am Sonntag läuteten die Glocken unermüdlich, die Straßen waren voll mit Menschen, die mit ihrer Bibel unter dem Arm und in die schönsten Kleider gekleidet zur Kirche eilten. Da wurde gelacht und gequatscht und die parkenden Autos versperrten die Straßen. Wie herauszuhören ist, ist in Kohima das Christentum die vorherrschende Religion. Nach der Volkszählung 2011 sind 88 Prozent der Einwohner des Bundesstaates Nagaland Christen. Nagaland ist damit der indische Bundesstaat mit dem höchsten christlichen Bevölkerungsanteil und die Christen stellen die Bevölkerungsmehrheit dar. Der hohe christliche Bevölkerungsanteil ist Folge der Christianisierung der Naga durch amerikanische Missionare ab dem späten 19. Jahrhundert. Auch hat sich damit der “freie heilige Sonntag“ herausgebildet. Alle Geschäfte haben am Sonntag geschlossen und sogar der Großteil der Restaurants. Sogar unter der Woche pflegen die Menschen “gesunde“ Öffnungszeiten. So standen wir abends um 18 Uhr vor verschlossenen Türen, als wir noch schnell etwas für das Frühstück einkaufen wollten. Dass ist uns in ganz Indien noch nicht passiert. Dort fängt das Leben auf der Straße erst richtig an, wenn es dunkel wird. Da wird Essen gekocht, Obst und Gemüse verkauft und laut gehupt. In Kohima war alles anders. Überhaupt war es gar nicht mehr richtig indisch. Das wird wohl daran liegen, dass Nagaland in der Vergangenheit nicht zu Indien gehörte und noch heute wird Nagaland überwiegend von Naga besiedelt. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für eine Gruppe von indigenen Völkern des indischen Nordostens. Die verschiedenen Naga-Stämme sprechen unterschiedliche Sprachen (2001 waren es 14 unterschiedliche Sprachen) und eine gegenseitige Verständigung ist unter den Sprechern der unterschiedlichen Naga-Sprachen nicht möglich. Daher ist die Amtssprache des Bundesstaates Englisch, was für uns ein großer Vorteil war. Auch setzen sich die Naga in ihrer Esskultur stark von den Indern ab. So ist der größte Bestandteil einer Mahlzeit Fleisch. Und dabei essen sie alles was nicht bei drei auf dem Baum ist. Schweine, Hühner, Kühe, Hunde (ist von vielen heiß beliebt), Frösche, Fisch, Katzen und und und. Doch was sagt die indische Regierung dazu, dass sie Kühe verspeisen? Nichts. Es wird einfach akzeptiert und da Nagaland so weit weg von dem zentralen Teil Indiens liegt, bekommt es auch kaum jemand mit. Zudem liegt es schon immer in der Tradition der Naga und auch wenn sie ihre Unabhängigkeit an Indien verloren haben, haben sie dennoch ihr Identität beibehalten und kämpfen noch heute für ihre Wieder-Unabhängigkeit. Die Menschen dort tun sehr viel für ihren Bundesstaat und so sieht man überall Schilder, die darauf aufmerksam machen, dass sie grün bleiben wollen/werden wollen, dass sie also eine plastikfreie Umwelt schätzen und fördern wollen. Es ist eine der ersten Gegenden, wo nicht so viel Müll herum liegt, und die mit einem Müllabfuhr-System ernsthaft versuchen das Problem in den Griff zu bekommen. Wir haben uns für einige Tage in Kohima nach den Strapazen der Busfahrt ausgeruht. Es hat sehr viel geregnet und wenn wir raus wollten/mussten, um etwas zu essen, dann waren wir innerhalb von fünf Minuten völlig durchnässt. War das etwa die Regenzeit? Ich kann Euch jetzt schon mal verraten, dass wir bis heute kaum etwas von der Regenzeit mitbekommen haben. Naja, die Einheimischen haben sich auf jeden Fall über den Regen gefreut, denn für sie bedeutete es, dass sie ihren Wasservorrat wieder auffüllen können. So stand die Mutter unseres Gastgebers den ganzen Vormittag draußen und hat das Regenwasser aufgefangen, in Eimer gefüllt und in einen Raum getragen, der mit dem Wasservorrat für dass ganze Jahr gefüllt war. Kein Regen, kein Wasser. Im ganzen Haus gab es kein fließend Wasser, was bedeutete, es wurde alles mit Eimern erledigt. Duschen, Abwaschen, Wäsche waschen, auf's Klo gehen, Putzen und was noch so im Haushalt anfällt. Da sollte man mal anfangen über unseren Wasserkonsum in Deutschland nachzudenken. Wir nehmen für alles unser Trinkwasser, nutzen es um einmal ein Glas zu waschen und kippen es dann in den Abfluss. Wir haben hier bei unserem Gastgeber dass Wasser vom Wäsche waschen anschließend für die Klospühlung genutzt, um auch jedes kleinste bisschen Wasser zu sparen.