Donnerstag, 8. August 2019

Auto gegen Fahrrad, wer gewinnt?

So kurz vor Schluss! Wir sind 16.000 km gefahren und sind mit nur einem kleinen Unfall und 16 Platten davon gekommen. Und jetzt hatten wir nur noch 1000 km vor uns und da musste es passieren. Wir hatten absolut keine Schuld daran und hätten es auch nicht verhindern können. Wir lagen nämlich oben in unserem Hotelzimmer und haben geschlafen. Die Räder hatten wir unten in der hoteleigenen Garage abgestellt und extra noch zur Sicherheit den Manager gefragt, ob die Räder hier sicher sind. Ja sind sie, versicherte er uns. Morgens haben wir ganz normal nach dem Frühstück unsere Taschen gepackt und sie zu den Rädern getragen. Arne ist zum Auschecken gegangen und ich habe schon mal die Räder bereitgestellt. Beziehungsweise wollte ich wie immer die Räder bereitstellen und mit dem Beladen beginnen. Doch heute wollte sich mein Hinterrad nicht mehr drehen. Vielleicht hat sich die Bremse festgezogen, oder es ist etwas dazwischen gekommen oder es schleift etwas? Und tatsächlich das Schutzblech schleifte. Ich atmete aus und war froh, das es “nur“ das Schutzblech war. Ich hob das Fahrrad aus der Ecke, wo es stand und wollte dann in Ruhe das Schutzblech richten. Doch warte mal, wie konnte sich denn das Schutzblech überhaupt verbiegen? Das war doch gestern noch nicht. Dass musste ich erstmal Arne meinem Fachmann für Versicherungen und Finanzen sagen, bevor ich hier irgendetwas anfasse. Gemeinsam schauten wir uns den Schaden an. Mein Herz schlug immer höher und drohte fast ganz aufzuhören zu schlagen. Ich konnte nicht glauben was ich da sah. Der ganze Reifen, samt Speiche war verbogen. Es fühlte sich an, als wurde mir meine Existenz genommen. Wie soll ich denn jetzt ohne mein Rad weiter kommen. Arne hatte in der Zwischenzeit eins und eins zusammen gezählt und war zu dem Schluss gekommen, dass eventuell das Auto, welches mit seiner Spitze direkt vor unseren Rädern stand, gegen mein Hinterrad gefahren ist. Er fragte nun den Hotelmanager, wem denn dieses Auto gehört, doch dieser wollte nicht so recht mit der Sprache heraus rücken. Kurz darauf kamen noch zwei Männer hinzu. Vielleicht der Besitzer des Autos, dachten wir und versuchten irgendetwas aus den Männern heraus zu bekommen. Doch alles was sie sagen konnten war “we fix it“ (wir reparieren es) und da drückten und drehten sie auch schon an meinem 1.000 Euro Hinterrad unvorsichtig herum. “No“ war alles was wir noch sagen konnten, bevor einer von ihnen sich auf das Rad setzten wollte, um zum Fahrradschrauber zu fahren. Ich konnte es ihnen ja nicht übel nehmen, denn mit ihren eigenen Drahteseln machten sie es ja genauso und es funktioniert scheinbar auch. Aber nicht mit meinem Rad. Ich versuchte ihnen zu erklären, dass sie damit verdammt vorsichtig sein müssen und da war mein Rad auch schon auf der Pritsche eines Taxis und wir fuhren zum Fahrradschrauber. Dort versuchten sie erstmal den richtigen Mann zu finden und erklärten mir immer “Spezialist, Spezialist“, doch ich war noch nicht so ganz zuversichtlich. Endlich stand dann der scheinbar richtige Mann vor uns und wollte sich mit einer riesigen Zange ans Werk machen. Er war wie der Schmied im Mittelalter, der mit der Zange die Zähne zog. Doch irgendwie habe ich es ihm erklärt bekommen, dass er die Speiche austauschen muss und die anderen neu einstellen muss, sodass das Rad sich wieder drehen kann. Er legte seine Zange weg und drehte mit geschickten Händen “Pi mal Daumen“ die Speichen wieder zurecht. Danach konnte ich wenigstens wieder im Sattel sitzen und vorsichtig fahren. Die Männer vom Hotel waren äußerst zufrieden, zahlten für uns und die Sache war für sie gelaufen. Doch nicht für uns. Ich mein ich muss das Rad schließlich ja noch mal professionell ausrichten lassen und das wird mich mit Sicherheit noch mal einiges kosten. Also bat ich den Manager darum, dass er den Besitzer bittet, sich an den Kosten zu beteiligen. Doch es geschah nichts. Ich wurde langsam etwas sauer, da sie offensichtlich auch schon vorher wussten, dass das Auto gegen mein Rad gefahren war und uns aber nichts gesagt haben und dann auch noch versucht haben das Problem aus dem Weg zu schieben, indem sie das Rad einigermaßen richten ließen. Doch nicht mit mir. Ich sagte dem Manager erneut, dass er doch bitte dem Besitzer sagen möge, dass ich möchte, dass er sich an den Kosten beteiligt. Da stellte sich heraus, dass der Manager keine ausreichenden Englischkenntnisse hatte, um mein Anliegen überhaupt zu verstehen. Mit Hilfe eines Übersetzers (ein anderer Hotelgast) konnten wir es dann endlich klären. Und so stand dann fünf Minuten später noch ein anderer Mann vor uns. Es war der erste, der sich entschuldigte und das Problem nicht einfach ungeschehen machen wollte. Er war der Besitzer des Autos und er erzählte uns, dass er gestern Nacht um zwei Uhr eingetroffen ist und dass er um vier Uhr erneut geweckt wurde, um sein Auto umzuparken. Und da ist er im Halbschlaf gegen mein Rad gefahren und es hörte sich nicht so an, als ob er es nicht gewusst hätte. Dumm gelaufen. Doch es war nun mal passiert und er war auch sofort hilfsbereit und wollte wissen wie er uns entgegen kommen konnte. Wir nannten ihm die Kosten, die noch auf uns zu kommen werden und außerdem würden noch die Kosten einer weiteren Nacht in diesem Hotel hinzukommen, da es nun durch die Verzögerung für uns zu spät geworden ist, um noch los zu fahren. Wir mussten nämlich heute 100km fahren, um das nächste Hotel zu erreichen. Der Besitzer musste erstmal tief durchatmen und entschuldigte sich dann für fünf Minuten. Nach Zigarettenrauch riechend kam er dann wieder und teilte uns mit, dass er sich selbstverständlich an den anstehenden Reparaturkosten beteiligen würde und zahlte uns 50.000 Kyat. Für das Hotelzimmer kann er allerdings nicht zahlen, da er nicht genügend Geld bei sich hatte und ja noch weiter müsse. Warum er nicht einfach etwas abheben konnte verstanden wir zwar nicht, waren aber einverstanden. Für die zweite Hotelnacht kamen wir also selber auf und dieses Mal roch das Zimmer auch nicht so komisch und es war vollständig ausgestattet. “ich wusste doch, dass sie uns gestern ihr schlechtestes Zimmer gegeben haben“ sagte Arne zu mir. Und das nur weil wir durch irgendeinen Rabatt im Internet weniger gezahlt hatten. Durch Zufall hat Arne noch einmal den Besitzer des Autos auf dem Flur getroffen und ihm eine gute Fahrt gewünscht. Drei Sekunden später klopfte es an unserer Tür und der Autobesitzer sagte uns, er würde doch für das Hotelzimmer zahlen. Dann ist ja alles geklärt. Dachten wir, doch am nächsten Morgen, als Arne auschecken wollte, sollte er noch einmal für das Zimmer zahlen. Okay, vielleicht wusste die nette Dame nicht, dass der Autobesitzer gestern bereits für uns gezahlt hatte, doch der Hotelmanager wusste es mit Sicherheit und der versuchte ebenfalls die Dame darin zu unterstützen, bzw. hinderte sie nicht daran, dass sie Arne ein zweites mal das Geld für das Zimmer abknüpfen wollte. Nicht mit uns. Arne brauchte sich nur neben den Manager zu stellen und ihm zu fragen was dass sollte und da sagte er sofort: “okay, okay, you can go, es ist bezahlt“. Kopfschüttelnd sind wir, so schnell uns die Räder tragen konnten, davon gefahren. In diesem Hotel wurde nicht nur mein Rad angefahren, sondern wir wurden auch das erste Mal so richtig dreist beschiessen. Zumindest haben sie es versucht. Ansonsten waren unsere Hotelerfahrungen in Myanmar besser. Zwar war es meinst viel zu teuer oder sie boten uns zuerst nur dass teuerste Zimmer an und verschwiegen uns die günstigeren Varianten, aber auch an diesen Herausforderungen sind wir gewachsen und wussten damit umzugehen.

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